Wer Fotografie zu seinem Hobby macht, sieht Motive, wo andere nichts sehen. Dazu gehören Formen und Farben, losgelöst von ihrem Träger.

In Ostfriesland gibt es in der Nähe von Norden Norddeich ein kleines privates Automuseum, das auf jeden Fall einen Besuch wert ist, denn wenn man fragt, darf man für den Hausgebrauch fotografieren. Dort kann man als Autofan sehr schöne und seltene Oldtimer aufnehmen, um sich zu Hause am Design und an der Technik früherer Jahre zu erfreuen.

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Man kann aber auch als Fotofan Bilder machen, die unabhängig vom Fahrzeugtyp wirken. So ist es eigentlich nur am Rande interessant, dass es sich beim gelben Auto um einen Ford Capri handelt. Für das Bild wichtiger sind zum einen die Farben und zum anderen, dass die angeschnittene Motorhaube ein Dreieck und die Teppichbodenstücke in der Größe abgestufte Dreiecke bilden.

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Während beim „Capri-Bild“ Farben und (annähernd) geometrische Formen das Bild ausmachen, sind es bei den Bildern der gestapelten Hocker …

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… und der Netze mit Sandspielsachen die Farben, die den Blick auf sich ziehen. Und bei beiden Bildern genügen dem Rot relativ kleine Flächen, um sich in den Vordergrund zu schieben. Während aber beim Spielzeug die Grundfarben Rot/Grün/Blau (RGB-Modell, wie wir es aus der Fotowelt kennen) und Rot/Gelb/Blau (die von Künstlern bevorzugte Variante) vorkommen, entfalten die Hocker ihre Wirkung, weil die Farben Rot und Türkis (Cyan) sich als Komplementärfarben im Farbkreis gegenüber stehen.

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Viel mehr Farben bestimmen dagegen das Bild der „Flaschenwand“ – dazu kommen Schwarz und Weiß, die dunkelste und hellste unbunte Farbe. Helle Farben „stehen“ in einem schwarzen Umfeld sehr gut, dunkle Farben setzen sich optimal von einem weißen Umfeld ab. Dass die Farben in diesem Bild leuchten, hat allerdings nicht nur mit ihrer hellen oder dunklen Umgebung zu tun, sondern liegt natürlich auch der Hintergrundbeleuchtung.

Es ist daher nicht verkehrt, ein kleines Blitzgerät in der Fototasche zu haben, das sich kabellos vom Kamerablitz zünden lässt. Hinter einem durchscheinenden farbigen Motiv platziert, sorgt es für den Leuchteffekt. Bei kleineren Motiven genügt auch mal eine Taschenlampe.

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Aber nicht nur Motive mit vielen und/oder leuchtenden Farben lassen sich gut ins Bild setzen (wobei die Wahl eines entsprechenden Farbmodus in der Kamera die Wirkung noch unterstützen kann), sondern auch ein sehr zurückhaltender Umgang mit der Farbe kann interessante Bilder hervorbringen. In diesem Fall kommt aber der „Form“ und der Bildaufteilung als gestaltende Elemente wieder mehr Bedeutung zu.

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Die Bilder aus dem Coffeeshop …

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… und von den beiden Leuchten kommen mit einer dezenten Hintergrundfarbe aus, was den Lichtfleck und die Lampenschirme in den Blickpunkt rückt. Während aber die Licht-Raute durch ihre Anordnung halblinks unten für etwas Spannung im Bild sorgt, lässt der symmetrische Bildaufbau das Lampenbild ruhig und harmonisch wirken.

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Praktisch monochrom ist das Bild des Ziffernblattes, das zum einen durch die Kreislinie und zum anderen durch die grafischen Elemente der altmodisch wirkenden Ziffern bestimmt wird. Der zarte Farbton unterstützt den Eindruck von Alter, aber auch in S/W würde das Bild wirken. Das gilt ebenfalls für das Bild der Gläser, das fast S/W aussieht und in dem die Kreise der Gläser und das Quadrat der Serviette in Konkurrenz stehen, ebenso wie die volle linke und die leere rechte Seite des Bildes.

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Und auch die Bilder der Abdeckung auf einer Autofähre in Venedig zeigen, dass Bilder, die von Formen geprägt werden, auch ohne Farben ihre Wirkung entfalten können.

Text und Bilder: (c) Herbert Kaspar