Als eine der ersten Redaktionen weltweit hatten wir die Möglichkeit, das brandneue Sigma 1,4/24 mm DG HSM |Art (Sigma 24 mm F1,4 DG HSM |Art) in Ruhe anzuschauen und zu testen. Das Objektiv gehört zur Serie der Sigma Art-Objektive, die sich durch die Kombination sehr hoher Lichtstärke und sehr hoher Abbildungsqualität auszeichnen sollen. Die Vollformat-Festbrennweiten 1,4/50 mm DG HSM |Art und 1,4/35 mm DG HSM  |Art erfüllen diesen Anspruch bereits. Jetzt kommt das neue Superweitwinkel dazu, und wir waren gespannt, wie es sich schlagen würde.

Typ

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Das Sigma 1,4/24 mm DG HSM |Art ist ein festbrennweitiges Superweitwinkelobjektiv. Als DG-(Digital Grade)-Objektiv ist es vollformattauglich, kann aber auch an Kameras mit APS-Chips eingesetzt werden. Bei der Verwendung an Vollformatkameras liegt der diagonale Bildwinkel bei 84,1°. An APS-Kameras von Canon entspricht der Bildwinkel dem eines Objektivs mit ca. 38 mm Brennweite [@KB], an APS-Kameras von Nikon und Sigma ist der entsprechende Wert 36 mm [@KB]. Damit sind auch schon die drei Anschlüsse genannt, mit denen das 24er derzeit angeboten wird.

Design und äußerer Aufbau

Wie schon die beiden anderen Art-Objektive mit Lichtstärke 1:1,4 ist auch das 1,4/24 mm |Art kein zierliches Leichtgewicht.

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Die Canon-Version, die uns vorliegt, wiegt 724 g. Darin enthalten sind Rück- und Frontdeckel sowie die Streulichtblende. (An dieser Stelle ein dickes Lob an Sigma, denn es werden allen Objektiven Streulichtblenden beigelegt.)

Das Objektiv ist ohne die beiden Deckel insgesamt 100 mm lang. Montiert ragt es rund 91 mm vor die Auflagefläche. Dieser Wert ist aber nur für den Transport interessant, denn natürlich wird jedes Objektiv, und entsprechend auch das 24 mm |Art, immer mit Streulichtblende genutzt. Mit der Vier-Segment-Blende ist das Objektiv dann an der Kamera rund 122 mm lang. Die Streulichtblende hat einen Durchmesser von 96 mm, das Objektiv selbst hat an der dicksten Stelle einen Durchmesser von 85 mm, aber das gilt nur für den schmalen Ring ganz vorn.

Der Filterdurchmesser liegt bei üppigen 77 mm.

Das 1,4/24 mm |Art ist sehr gradlinig designt. Der Ring fürs manuelle Fokussieren liegt vorn. Er ist 32 mm breit, davon sind 23 mm mit einem griffig geriffelten Gummibelag versehen. Der Ring dreht sich, wenn man ihn einmal braucht, mit der richtigen Mischung aus Leichtgängigkeit und Widerstand.

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Die manuell oder automatisch eingestellte Entfernung wird in Meter und Feet in einem Fenster angezeigt. Am Fenster ist eine rudimentäre Schärfenzonenskala mit den Blenden  8 und 16 untergebracht.

Als weiteres Einstellelement ist links ein Schiebeschalter zu finden, mit dem man zwischen automatischer und manueller Fokussierung wählt. Er geht straff und kann nicht versehentlich verstellt werden.

Das Bajonett besteht aus Messing. Laut Sigma ist seine Oberfläche besonders behandelt, um die Festigkeit zu erhöhen und einen langlebigen Einsatz zu gewährleisten. Das konnte in den wenigen Tagen des Praxistests allerdings nicht überprüft werden.

Wie auch die beiden anderen hochlichtstarken Festbrennweiten in der Art-Serie ist auch das 24er nicht gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Angesichts dessen, dass Objektive dieser Art (sorry, das kleine Wortspiel musste jetzt einfach sein) oft an hochwertigen Gehäusen eingesetzt werden, ist das schade.

Innerer Aufbau

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Bild: Sigma (bearbeitet)

Das Objektiv ist aus 15 Elementen in 11 Gruppen aufgebaut. Es kommen Linsen aus FLD-und SLD-Glas zum Einsatz, ebenso zwei Linsen mit asphärischen Oberflächen.

Die Blende besteht aus 9 Lamellen und gibt entsprechend eine 9-eckige Öffnung frei, die sehr nah an eine runde Öffnung heran kommt.

Fokussierung

Wie es aus der Bezeichnung schon abzulesen ist, ist das Objektiv mit einem Ultraschallmotor (HSM) für die automatische Fokussierung ausgestattet. Bei unserem Einsatz an einer Canon EOS 5D Mark III und einer Canon EOS 7D Mark II funktionierte der Autofokus sehr schnell und sehr leise.

Die automatische Scharfstellung kann jederzeit manuell korrigiert werden. Mit einer Drehung um 90° am Fokussierring kommt man von der Naheinstellgrenze 25 cm bis Unendlich. Die Unendlich-Einstellung ist variabel, um gegebenenfalls Schwankungen auszugleichen, die etwa in einer sehr heißen Umgebung auftreten können.

Zwischen 1 m und Unendlich liegt nur ein Winkel von rund 10° – 15°. Das könnte zwar gern  ein bisschen mehr sein, aber insgesamt gesehen kann man das Objektiv sehr gut manuell scharf stellen.

Kürzeste Einstellentfernung / Größter Abbildungsmaßstab

Bei einer Einstellentfernung von 25 cm ist die Vorderkante der Streulichtblende nur noch rund 12 cm vom Motiv entfernt. In diesem speziellen Fall kann es sinnvoll sein, einmal auf sie zu verzichten.

Aus 25 cm erfasst man mit dem 24er an einer Vollformatkamera eine Fläche von 18,2 x 12,2 cm, was einem maximalen Abbildungsmaßstab von 1:5,1 entspricht. An einer APS-Kamera mit Crop-Faktor 1,6x bekommt man eine Fläche von 11,4 x 7,6 cm auf den Sensor.

Besonderes

Die Firmware des 1,4/24 mm DG HSM |Art kann über das Sigma USB-Dock aktualisiert und einige Funktionen an die Vorlieben des Fotografen angepasst werden. Das konnten wir bei unserem Muster leider nicht ausprobieren.

Soll das Objektiv beim Wechsel des Kamerasystems mitgenommen werden, ist ein kostenpflichtiger Wechsel des Anschlusses möglich.

Abbildungsleistung (an einer Canon EOS 5D Mark III)

Das Sigma 1,4/24 mm DG HSM |Art kam an einer Canon EOS 5D Mark III und einer Canon EOS 7D Mark II zum Einsatz.

Die folgenden Aussagen gelten für die EOS 5D Mark III, die einen Vollformatsensor mit 5760 x 3840 Pixeln aufweist. Auch alle Praxisbilder in diesem Beitrag wurden mit der EOS 5D Mark III aufgenommen. Auf das Zusammenspiel des 24 mm Art mit der EOS 7D Mark II gehen wir am Wochenende gesondert ein.

In der Bildmitte ist das Auflösungsvermögen schon bei ganz offener Blende sehr gut. Abblenden um eine Stufe bringt eine Verbesserung und schon bei Blende 2,8 dringt das Objektiv in der Bildmitte in den hervorragenden Bereich ein.

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Der Steinlöwe zeigt zum einen, dass in der Bildmitte feinste Details sichtbar werden, zum anderen, dass auch mit 24 mm Brennweite an Vollformat eine recht schmale Schärfenzone erzielt werden kann.
Canon EOS 5D Mark III | 24 mm | ISO 200 | 1:4 | 1/1579 Sek.

 

Bei Blende 4 und 5,6 bringt das Superweitwinkel seine Höchstleistung in der Bildmitte. Auch Blende 8 ist hervorragend. Bei Blende 11 und 16 sinkt das Auflösungsvermögen auf sehr gut Werte und liegt hier auf dem Level von Blende 2.

Auch am Bildrand und in den Bildecken ist das Auflösungsvermögen bei den großen Blenden gut bis sehr gut, wird bei Blende 2,8 sehr gut und bleibt bis Blende 16 auf diesem hohen Level – was angesichts des großen Bildwinkels gelobt werden muss..

Bei Blende 4 und 5,6 in der Bildmitte ist der Abfall zu den Bildecken zwar am höchsten, aber aber nur, weil das Objektiv in der Bildmitte hier sein Leistungshoch hat. Das Nachlassen der Leistung zu den Bildecken hin fällt bei sehr vielen räumlichen Motiven nicht oder kaum ins Gewicht. Die gleichmäßigste Leistung auf sehr gutem Niveau bringt Blende 11.

Die Vignettierung ist bei Blende 1,4 deutlich. Der Unterschied zwischen Bildmitte und Bildecken liegt bei fast 2 Blendenstufen – aber das ist bei einem Objektiv mit dieser Lichtstärke und diesem großen Bildwinkel nicht verwunderlich. In Adobe Photoshop konnten wir die Abdunklung im Filter „Objektivkorrektur“ eliminieren.

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Die Scharfstellung auf die flatternde Fahne war schnell und sicher, dazu auch praktisch lautlos. Bei Blende 4 spielt Vignettierung keine Rolle.
Canon EOS 5D Mark III | 24 mm | ISO 200 | 1:4 | 1/2656 Sek.

 

Abblenden auf 2,8 verbessert die Lage schon bei der Aufnahme deutlich, ab Blende 4 spielt die Randabschattung in der Praxis keine Rolle mehr.

Bei weit offener Blende (1:4 und größer) konnten wir in den Bildecken bei anfälligen Motivteilen (dunkle Struktur vor oder hinter der Schärfenebene und vor sehr hellem Hintergrund) sehr schmale Farbsäume als Folgen der chromatischen Aberration sehen, wenn wir die Bilder mit 100 % auf dem Monitor betrachteten. Wir erwähnen das zwar, sind aber nach wie vor der Meinung, dass es außerhalb eines Tests eine Unsitte ist, Bilder ausschnittsweise in der 100-%-Ansicht auf dem Monitor anzuschauen.

Bei Motiven, in denen gerade Linien in der Nähe des Bildrandes liegen, kann eine leichte tonnenförmige Verzeichnung sichtbar werden. Die Durchbiegung liegt bei unter 0,3 % der Bildhöhe.

Bokeh ist im Zusammenhang mit einem Superweitwinkel eher selten ein Thema, über das man spricht, aber bei einer Lichtstärke von 1:1,4 kann man auch mit 24 mm Brennweite ein Hauptmotiv scharf von einem unscharfen Hintergrund absetzen.

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Schnappschuss im Vorbeigehen. Der Hintergrund ist nicht völlig unscharf, zeigt aber ein sehr angenehmes Bokeh. Die Schärfe außerhalb der Bildmitte überzeugt .
Canon EOS 5D Mark III | 24 mm | ISO 200 | 1:4 | 1/512 Sek.

 

Die Wirkung der Hintergrundunschärfe ist natürlich auch Geschmackssache – uns gefällt sie beim 24er Art sehr gut.

Alles in allem

Das Sigma 1,4/24 mm DG HSM |Art kann an die Leistungen der ebenso lichtstarken Art-Objektive mit 35 mm und 50 mm anschließen und ist ein hervorragendes Superweitwinkelobjektiv, sobald man um zwei Stufen abblendet. Man könnte sagen, dieses Objektiv ist ein Top 2,8/24 mm, das einen zusätzlichen Spielraum von zwei größeren Blenden bietet und auch hier mit sehr guter Leistung punkten kann.

Wer als Besitzer einer Vollformatkamera  in der Landschafts- oder Architekturfotografie ein Top-Objektiv mit 84°Bildwinkel einsetzen möchte, ist bei diesem Objektiv bestens aufgehoben und bekommt gleich noch die Möglichkeit der Available-Light-Fotografie mit großen Blenden mitgeliefert. Nicht zu vergessen der kreative Spielraum, den ein Superweitwinkel von vornherein bietet (Stichwort: Steile Perspektive), und der bei diesem Objektiv noch erweitert wird, da man bei ganz offener Blende den großen Bildwinkel mit einer recht schmalen Schärfenzone kombinieren kann.

 

GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS

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Verfügbarkeit

März 2015

Preis

949,- € (UVP)

 

Text und alle Fotos (c) Herbert Kaspar

 

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Praxisbilder (an Canon EOS 5D Mark III)

Hinweis:

Ein Klick auf ein Praxisbild (auch im Text) öffnet es in der vollen Größe von 5760 x 3840 Pixel

Sofern nicht anders erwähnt, handelt es sich immer um JPEGs, die nicht bearbeitet wurden. Bei den beiden in Adobe Camera RAW entwickelten Bildern wurden nur Belichtung bzw. Farben korrigiert.

Die ersten Bilder entstanden in der Redaktion und decken den gesamten Blendenbereich von 1:1,4 bis 1:16 ab. Die Canon EOS 5D Mark III stand auf einem uralten aber sehr stabilen Gitzo-Stativ und der 10-Sekunden-Selbstauslöser war aktiv.

 

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Die nächsten drei Bilder zeigen die Klais-Orgel in der Hammelburger Kirche St. Johannes der Täufer. Die Aufnahmen entstanden aus freier Hand.

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Jetzt noch einige Bilder von meinem “Standard-Rundgang” durch Hammelburg. Die Statue “Romeo und Julia” stammt vom belgischen Bildhauer Luk van Soom, der in der Partnerstadt Turnhout zu Hause ist. Das Bild mit dem Schild der Winzergenossenschaft wurde in Adobe Camera RAW entwickelt, da ich vergessen hatte, eine Belichtungskorrektur zurück zu stellen.

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Zum Schluss zwei Nachtaufnahmen, die das Hammelburger Rathaus mit dem Renaissance-Brunnen und das Kellereischloss zeigen. Beim Bild des Kellereischlosses wurden die Farben in Adobe Camera RAW optimiert.

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