Eigentlich sollte es ein schneller Schnappschuss von zwei Mohnblüten sein, meine ersten Mohnbilder des Jahres.  Aber es brauchte ein paar Schritte, um das Bild zu erhalten, das mir gefällt – „Abnehmender Halbmohn“.

Rasenmähen ist einerseits nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung, aber andererseits tut ein bisschen Bewegung an der frischen Luft gut. Und weil das Führen des Mähers keine besonderen intellektuellen Anforderungen stellt (gut – ich sollte vermeiden das Kabel zu durchschneiden) kann ich über das ein oder andere nachdenken und hoffen, dass die Ideen so lange gespeichert bleiben, bis ich wieder am Schreibtisch bin, um sie zu notieren.

Bei einer Wende fällt mein Blick wieder auf zwei Mohnblüten im Nachbargrundstück. Man könnte sagen, es sei verwildert – ich nenne den Wildwuchs „fränkischen Naturgarten“. Wie auch immer. Die Blüten reizen zum Fotografieren (und zu einer kleinen Pause).

Mit einem Standardzoom kann ich hier nicht viel ausrichten. Also setze ich das Fujinon Super EBC XF 70-300 mm 1:4-5,6 R LM OIS WR an die Fujifilm X-T4, stelle das Verschlusszeitenrad auf A für meine bevorzugte Zeitautomatik, das ISO-Wählrad auf 200, schalte die Kamera ein und werfe einen Blick auf die Akku-Anzeige. Zwei Striche. Das reicht dicke für die paar Aufnahmen.

Draußen fällt mir beim Blick in den Sucher ein Grashalm auf, der in der Sonne glänzt. Um das hervorzuheben, wähle ich eine Korrektur von -2/3 Blendenstufen – und vergesse prompt sie für die Aufnahmen vom Mohn zurückzustellen. Entsprechend werden die Bilder düster und matt.

Aber das ist nicht das einzige Problem mit meinen ersten Mohnbildern dieses Sommers.

Ich finde finde einfachen keinen wirklich passenden Standort, um einen Störenfried von der rechten Blüte zu separieren – aber gut, mal sehen, was mit Photoshop möglich ist.

Der Rasen ist gemäht, ich bin zurück am Rechner und die RAW-Datei wird zunächst in DxO PureRAW 2 geladen, um alles, was im RAW steckt herauszuholen. Erst die aus der Entwicklung resultierende DNG-Datei wird in Adobe Camera RAW zur endgültigen Bearbeitung geöffnet.

Um das Bild so zu optimieren, wie ich es haben möchte, verändere ich in den Grundeinstellungen Belichtung, Kontrast, Lichter, Tiefen, Weiß und Schwarz, Dynamik und Sättigung.

In Sachen Nachschärfen unternehme ich nichts, das passt, öffne aber den Farbmischer, um das Rot der Blüten weiter nach vorn zu bringen.

Mit Belichtung und Farben bin ich jetzt zufrieden – aber nicht mit dem Bildausschnitt. Verschiedene Schnittmöglichkeiten bieten sich an.

Ich entscheide mich für ein 3:2-Hochformat, das alle Störenfriede außen vor lässt und mit 2387 x 3580 Pixeln immer noch groß genug für Ausdrucke ist – und zu groß für diesen Beitrag, für die Galerien im Forum oder auf Instagram. (Wir sind als dpixxfoto seit neuestem auch auf Instagram zu finden … und fangen erst mal langsam an.)

Das ist das Bild, das ich wollte. Oder doch noch nicht?

Im Photoshop wähle ich die untere Blüte aus und entferne sie mit der Einstellung „Fläche füllen – inhaltsbasiert“. Das klappt sehr gut, ich muss nur zwei verräterische Wiederholungen in den Strukturen vermauscheln.

Noch einen Schritt weiter? Einen kleinen. Ich wähle die verbliebene Blüte aus, kehre die Auswahl um und wende auf den Hintergrund den Gaußschen Weichzeichner an – nur leicht, aber im direkten Vergleich sichtbar.

Jetzt passt es (für mich): „Abnehmender Halbmohn”  (Sorry – aber das Wortspiel konnte ich mir einfach nicht verkneifen.)

 

Text und alle Bilder © Herbert Kaspar

8 Kommentare

  1. Das Ergebnis ist ein sehr gelungenes Bild 👍
    Vielmehr zeigen die einzelnen Schritte nicht nur einen perfekten Weg zum Ergebnis, sondern auch eine Vorgehensweise, die mal wieder aufzeigt, wie man mit einer Basis umgehen kann.
    Die Quintessenz daraus heißt: Niemals vermeintlich weniger gute Bilder einfach ignorieren.
    Ich finde es super beschrieben und ein gutes Beispiel 👌