Aus Opas Sprüchekiste: “Des einen Freud – des anderen Leid!” Das ist abgedroschen, aber oft wahr. Im Winter zum Beispielt. Die einen grummeln, weil sie Schnee schippen müssen. Die anderen freuen sich, weil sie endlich Bilder im Schnee machen können. Wie? Das schauen wir uns jetzt an.

Da hatten wir gerade erst wieder „grüne“ Weihnachten und pünktlich nach dem Jahreswechsel kam das Winterchaos. Verlängerte Ferien in einigen Landkreisen, weil ein „bisschen“ Schnee gleich wieder alles zusammenbrechen ließ. Auf der Arbeit hörte ich das Klagen über die schlechte Verkehrslage. Und ich musste doch glatt die Schneeschaufel suchen, weil ich sie im vorigen Winter gar nicht gebraucht hatte. Zwei Tage später war der Spuk schon wieder vorbei und leider hatte ich keine Zeit gehabt, Fotos davon zu machen. Ja, so ist der Winter hier oben im Norden. In den höheren Lagen der Republik sieht das vielleicht noch etwas anders aus. Hier im Flachland ist die weiße Pracht jedoch sehr selten geworden. Und weil sie so selten und kurzlebig geworden ist, ist es umso interessanter, sie mit besonderer Aufmerksamkeit wahrzunehmen. Wenn sich also draußen Väterchen Frost meldet und man nicht gerade irgendwelchen Verpflichtungen nachgehen muss, gibt es nur eins:  Fotoapparat schnappen und nichts wie raus.

Im Packeis der Gezeiten
Im Packeis der Gezeiten

Gerade die leicht erreichbare, nähere Umgebung bietet in solchen Momenten tolle neue Motive. Die gewohnte alltägliche Kultur-, Stadt- oder Park-Landschaft, fern ab von touristischen Sehenswürdigkeiten, wird im Winter zur Augenweide. Viele optische Details werden vom Schnee verschluckt und der Eindruck ändert sich. Wir kennen die Stille, die der Schnee mit sich bringt. Bilder, die nun entstehen assoziieren wir damit. Vom Schneeschippen und der Quälerei im Berufsverkehr mal abgesehen, sind Schnee und Eis doch eine feine Sache. Gut es ist kalt, aber dagegen kann man verschiedene Dinge tun. Warme und robuste Kleidung sind Pflicht und eine Thermoskanne mit einem Heißgetränk, sollte auf einer (längeren) Fototour auch nicht fehlen.

WattenWinter
WattenWinter

Eine anmutige Winterlandschaft benötigt ein bestimmtes Element. Wasser! Wasser wird bei Minusgraden zu Eis und Eis bedeutet im Bild Textur. Gefrorene Pfützen sind schöne Motive und mit viel Fantasie entdeckt man interessante Formen und Figuren im Eis.

Eis am Stiel
Eis am Stiel

Wenn die Luft trotz Minusgraden feucht ist, bildet sich Raureif. Den mag ich am liebsten. Wenn Gras, Büsche und Bäume mit feinen Eiskristallen gezuckert werden, erscheint die Landschaft, als sei die Zeit angehalten worden. Es lohnt sich aufmerksam die Wettervorhersagen zu beachten, wenn man Landschaften fotografieren möchte.

FeuerReif
FeuerReif

Und wenn das Wasser bereits im Himmel gefriert, dann schneit es. Hier bei mir im Norden oft auch mit einer ordentlichen Prise Wind. Eigentlich mag man dann gar nicht vor die Tür gehen. Aber hat man sich überwunden und trotzt eine Weile dem Schneetreiben, dann ist es gar nicht so schlimm. Ungewöhnliche Bilder sind da immer drin. Denn das macht eben nicht jeder, bei so ‘nem Schietwedder raus zu gehen und Fotos zu schießen! Am Ende ist es dann richtig schön, wieder in die warme Bude zurückzukehren. Mit durchgefrorenen Gliedern aber einer Speicherkarte voll stimmungsvoller Bilder.

Schneetreiben
Schneetreiben

Ein weiteres Element ist das Licht. In unseren Breitengeraden steht die Sonne im Winter flach am Himmel. Das wirkt sich in Landschaften sehr gut aus, weil das tiefstehende Licht Schatten ins Gelände zaubert. Dadurch werden Erhebungen und andere Objekte, die für die Tiefengestaltung wichtig sind, betont.

Zwar sind im Winter die Tageslichtzeiten und die Dauer der blauen Stunde* kürzer, dafür sind  Sonnenauf- und – untergänge aber umso imposanter. Ein Vorteil im Winter ist, dass man, um einen Sonnenaufgang erleben zu können, nicht so früh aufstehen muss und der andere Vorteil liegt in der oft klaren Luft. Das führt zu wahren Farbexplosionen am morgendlichen Himmel. Siehe auch d-pixx.de 2014-10 Kitsch? Ja bitte!

* Die blaue Stunde dauert in Mitteleuropa zwischen 30 Minuten (Tag-und-Nacht-Gleiche im Winter) und 50 Minuten (Sonnenwende im Sommer).

Wenn der Himmel Lila ist
Wenn der Himmel lila ist

Und wenn es zuhause mal partout nicht schneien will, dann lohnt sich vielleicht ein Ausflug in die nächst höher gelegenen Gebiete. Für mich ist der Harz in wenigen Autostunden erreichbar. Um ein Wintergefühl zu bekommen, mache ich oft einen spontanen Ausflug dahin, wenn ich höre, dass dort der Winter eingezogen ist.

Gestalten
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Ein paar technische Tipps

Korrekte Belichtung

Als regelmäßiger d-pixx-Leser ist Ihnen ja sicherlich bekannt, dass die Belichtungsmessung einer Kamera auf einen neutralen Grauwert abgestimmt ist. Das heißt, wenn viele helle Objekte, heller als 18% Grau, im Messrahmen (Mehrfeld, Mittenbetont oder Spot) sind, so wird die Messung ein unterbelichtetes Ergebnis erzeugen. Das ist bei Schneelandschaften fast immer der Fall. Daher muss man für eine richtige Wiedergabe eine Überbelichtung einstellen. Das Motivprogramm „Schnee“ oder auch „Strand“ erledigt das automatisch. Ohne Programmautomatik sollte man also eine deutliche Pluskorrektur vornehmen. Je nach Tageslicht, beziehungsweise der Gesamthelligkeit der Szene, kann die zwischen +0,5 und +1,5 Lichtwerte liegen.

Blick zum Wurmberg 1
Blick zum Wurmberg 1

Weißabgleich

Das Tageslicht ist bläulich, wenn die Sonne hoch am Himmel steht. Und vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang ist die Zeit der blauen Stunde. Der Weißabgleich einer Kamera orientiert sich ebenso, wie bei der Belichtungsmessung an einen 18% Grauwert. Bei viel Weiß im Messfeld wird also auch hier eine Fehlmessung stattfinden. In den meisten Fällen geht diese in Richtung Blau, was dazu führt, dass sehr viele Winterbilder blaustichig sind. Auch hier wird das in der Motivautomatik mehr oder weniger berücksichtigt. Eine Korrektur des Weißabgleichs vor Ort ist oft schwierig. Denn unsere Augen verfügen über den so genannten „adaptiven Weißabgleich“. Das bedeutet, dass unser Sehapparat die hellsten Objekte nach Weiß korrigiert. Was wiederum dazu führt, dass wir eine tatsächlich bläuliche Lichtsituation nicht bläulich sehen. Während solch vorherrschenden Lichtverhältnissen gibt es möglicherweise auch noch Mischlicht durch Straßenlaternen oder anderem Kunstlicht. Unser Sehempfinden kann dadurch ebenso getäuscht sein. Um ein Bild dem gewohnten Sehen anzupassen ist es besser eine spätere Korrektur des Weißabgleichs per Software in der Bildbearbeitung zu machen. Es sei denn, man ist mit den Farbtemperaturwerten bestens vertraut und kann diese auch vor Ort gut einschätzen. Dann kann man einen Weißabgleichswert für die zu machende Aufnahme einstellen. Dazu sei aber noch erwähnt, dass ein blaustichiges Ergebnis durchaus die kühle Stimmung eines Winterbildes untermalen kann.

Blick zum Wurmberg 2
Blick zum Wurmberg 2

Stromversorgung

Akkus jedweder Bauart haben die Eigenschaft, dass sie weniger Kapazität bieten, je kühler die Umgebungstemperatur ist. Man ist also gut beraten den Ersatzakku in einer Tasche unter der Jacke, möglichst dicht am Körper zu verstauen. Und auch die Kamera kann zwischen den Aufnahmen unter die Jacke verschwinden.

Gleis 3
Gleis 3

Objektivschutz

Bei Schneegestöber lässt es sich nur schwer vermeiden, dass sich Wassertropfen auf der Frontlinse sammeln. Ein Schutzfilter ist ratsam, denn häufiges putzen führt irgendwann unweigerlich zu Kratzern. Ein Filter ist preiswert und es lässt sich eher verschmerzen, wenn dieser ausgetauscht werden muss, als ein ganzes Objektiv. Die Streulichtblende verhindert ein wenig, dass Schneeflocken oder Wassertropfen auf die Frontlinse gelangen und zwischen den Aufnahmen sollte der Objektivdeckel benutzt werden. Einer, der mit einem Sicherungsband an der Kamera befestigt ist, ist im Winter gar nicht so verkehrt. Denn mit steifen Fingern oder Handschuhen ist die Feinmotorik gehemmt. Der Objektivdeckel könnte beim häufigen Ab- und Ansetzen schnell aus der Hand fallen und somit auch verloren gehen. Neuste Magnetsysteme für Filter und Deckel sind sicher auch gut zu handhaben.

Wurmberg Wwwusch
Wurmberg Wwwusch

Glauben Sie daran, dass Wünsche wahr werden können? Noch während ich die letzten Zeilen dieses Artikels schreibe, sehe ich aus meinem Fenster und bemerke mit großer Freude, dass es zu schneien begonnen hat.

… bin dann mal weg!

Alle Fotos und Text: © Kai Kinghorst