Auch unter den Bildern, die zur 4/2023 unseres Wettbewerbs eingereicht wurden, fand Ralf Wilken welche, zu denen er etwas anzumerken hat – sei es Lob oder Kritik.

Ich möchte noch ein mal darauf hinweisen…

…dass alle in dieser Serie gezeigten Bildmodifikationen und Anmerkungen meinen ganz persönlichen Geschmack widerspiegeln und somit keinesfalls Allgemeingültigkeit haben können. Ich behandle sie so, als wären es meine selbst fotografierten Bilder, die ich für eine eigene Wettbewerbsteilnahme bearbeite. Hier geht es eindeutig darum, wie man die Chancen der eigenen Fotos bei Wettbewerben erhöhen kann. Und jetzt zum eigentlichen Artikel :

Hallo an alle,

die vierte Jahresrunde ist beendet und die Jahressiegerin steht fest. Mein Glückwunsch geht an Gaby Dorka, die über das Jahr durchgehend eine sehr gute fotografische Leistung abgegeben hat. Ein nicht viel kleinerer Glückwunsch geht auch an die Fotografinnen und Fotografen, die im Jahres-Ranking auf den ersten Platz folgen, auch sie haben  gezeigt, wie man Wettbewerbsfotos macht und auch, worauf es bei der Auswahl der richtigen Bilder ankommt.

Ich bin mal ganz ehrlich, so wirklich mein Thema wäre “leuchtender Herbst” auch nicht gewesen,… vielleicht hätte ich in dieser Runde sogar gekniffen. Die letzte Runde des diesjährigen Wettbewerbs war wieder mal so eine, bei der man als Juror schon vorher ahnt, welche Art von Beiträgen wohl am häufigsten eingereicht wird,.. und genau so war es dann auch. Nur einen einen Baum mit Herbstlaub als Hauptmotiv zu fotografieren war hier nicht das Mittel, um in die Top 10 zu fahren … in Kombination mit einer emotionalen Komponente oder einer kreativen Idee kann das aber durchaus gut funktionieren.

Nochmal der Tipp: Was einem zu einem Thema als allererstes einfällt, fällt auch vielen anderen zuerst ein. Man sollte diese Bildidee dann am besten ganz schnell vergessen … auch wenn’s irgendwie weh tut. Themenwettbewerbe gewinnt man meist nur mit Motiven, die vom Mainstream abweichen, also “aus der Norm fallen”, grafisch brillant sind oder emotional sind oder perfekt aufgebaut sind oder …

Auch bei diesem Wettbewerb waren wieder großartige Beiträge dabei, auch, wenn es deutlich weniger waren, als bei freien Wettbewerben. Ich fange einfach mal damit an, ein paar Fotos zu zeigen, die ich hoch bis sehr hoch bewertet habe.

Warum…

…habe ich dieses Foto auf meinen persönlichen ersten Platz gevotet ? Ist doch nur ein bisschen Laub auf einer Bank im Gegenlicht ? Weil dieses Foto genau das hat, was ich oben geschrieben habe ! Dieses Bild transportiert Emotionen wie es kein anderer Beitrag getan hat, man kann das Foto förmlich fühlen. Man ist von der tief stehenden Sonne etwas geblendet und das Gesicht wird von der immer noch vorhandenen Kraft der Herbstsonne leicht gewärmt. In so einer Situation schließt man meist die Augen und genießt einfach einen Augenblick. Die Person in der Mitte trägt eigentlich nichts zum Foto bei, stört aber auch nicht. Man hätte hier als i-Tüpfelchen vielleicht eine Frau in einem roten Kleid auf der linken Drittellinie reinnehmen können … aber woher eine Frau nehmen, wenn sie da nicht gerade zufällig unterwegs ist ? (Eventuell eine anheuern, zum Kaffee einladen und am nächsten Tag zur gleichen Zeit nochmal ein Foto machen 🤣) Mein Glückwunsch zu diesem gelungenen Wettbewerbsbeitrag geht auf jeden Fall an Andreas Mahncke. 

 

Herbstleuchten

Auch das nächste Foto ist von Anfang an unter meinen persönlichen Top 6 gelandet. Es ist mir gar nicht soooooo wichtig, dass ein Motiv beim Wettbewerb “leuchtender Herbst” auch sprichwörtlich leuchtet … dieses Motiv tut es aber. Auch hier wird eine warme Stimmung erzeugt, die ganz eindeutig die Restwärme des Herbstes ausdrückt.

Ich persönlich hätte hier gespiegelt und etwas anders geschnitten, damit das Blatt deutlicher “in das Bild hinein schaut”. Aber das ist ganz eindeutig ein “kann” und kein “muss”. Das Motiv gehört auch so, wie es ist, ganz eindeutig zu meinen persönlichen Top 6 und damit zu den für mich besten Bildern des Wettbewerbs.

 

Stille

Ich mache einfach mal mit den Bildern, die ich am höchsten bewertet habe weiter, sie haben es verdient, hier gezeigt zu werden. Auch der nächste Wettbewerbsbeitrag ist förmlich spürbar … so eine Szenerie findet man manchmal vor, wenn man früh morgens im Herbst durch den Wald geht. Dieses Foto könnte man sich auch sehr gut von einem der alten Meister gemalt vorstellen … und die wussten ganz genau, wie Lichtstimmung geht.

 

Die Frau im Farn

Mein nächstes Foto ist aus der Kategorie, die ich oben mit “…in Kombination mit einer kreativen Idee” meinte,… hier dient der verwelkte Farn eher als Beiwerk und ist nicht Hauptmotiv. Sehr schön liegen hier das Braun/Beige der Pflanzen, der Hautton und die Haare in einer zusammengehörigen Farbwelt. Wenn auch nur klein im Bild, dabei aber ganz wichtig, sind die graublauen Augen, die brettscharf im Fokus des Fotos liegen und einen unaufdringlichen aber ganz wichtigen Farbkontrast zum warmen Umfeld bilden.

 

Heft-Punkte

Ich möchte hier noch ein paar Bilder zeigen, die nicht in meinen Top 6, aber in der Gruppe der Heft-Punkte gelandet sind, sie haben also auch ordentlich Punkte für den jetzt ja entschiedenen Jahreswettbewerb mitgenommen.

Gaby Dorka zeigt hier, wie man es macht, indem sie einen Beitrag einschickt, der mit einer deutlichen Linienführung, einer steigenden Diagonalen und der für das Treffen des Themas nötigen Stimmung in die Punkte fährt.

Ob man hier mit einer Drittelteilung, einem goldenen Schnitt oder einer ähnlichen Geometrie arbeitet ist gar nicht so wichtig … Hauptsache, die Linienführung ist deutlich und stimmig und das Ergebnis spricht ja für sich.

Auch der nächste Beitrag hat mir gut gefallen … hier machen der durchgängig graue Hintergrund und der rote Farbtupfer, der von der Position her gut im Bild steht, die Wirkung des Motivs aus.

Ich persönlich hätte hier lediglich einen Tick enger geschnitten und dann die Äste, die nicht mehr in den Bildaufbau passen, entfernt. Das Bild wird dadurch insgesamt einen kleinen Hauch ruhiger.

Es ist bei jedem d-pixx-Workshop, meist schon am zweiten Abend, immer wieder ein sehr wichtiges Thema: “vermeidet Kollisionen!!!”. Damit ist gemeint, dass ein Foto einfach viel aufgeräumter wirkt, wenn bildwichtige Elemente sich nicht überschneiden. Der Autor des folgenden Bildes hat daher vermutlich noch keinen d-pixx-Workshop besucht (Ralf hat recht, Herbert) sonst hätte er ganz sicher nicht den Fehler gemacht, der dieses Bild in der Bewertung deutlich nach unten verschiebt. Er will hier das Gebäude im Hintergrund durch die großartig gewachsene Anordnung der Bäume einrahmen, überschneidet beides aber einfach zu stark.

Ich habe hier mal in Photoshop auf die Schnelle simuliert, wie das Bild ungefähr ausgesehen hätte, wenn der Autor etwas weiter nach rechts und ein bisschen in die Knie gegangen wäre. Auch, wenn die Unterschiede im Aufnahmestandpunkt wirklich minimal sind, spielt das Foto mit sauber eingerahmter Architektur in puncto Wettbewerbsfotografie wirklich in einer anderen Liga.

Einen fast identischen Fehler hat die Autorin des nächsten Fotos gemacht, auch hier (links) überschneiden sich die Bank und der Baum im Hintergrund. Das ist für ein Foto fürs Familienalbum vollkommen wurscht … aber bei einem Wettbewerbsmotiv gehen die Uhren eben anders. Um das zu demonstrieren, habe ich in der rechten Version die Bank und den Baum etwas getrennt. Das beschert dem Motiv zwar keinen ersten Platz, macht es aber erheblich klarer und hätte meine ohnehin schon relativ hohe Punktezahl ganz sicher noch etwas gesteigert.

 

“Soll das so” ? …

… habe ich mich gefragt, als ich das nächste Motiv gesehen habe. Es wirkt fast so, als hätte der Autor das Bild aus versehen auf der Seite liegend eingeschickt. Liegend nimmt es dem Bild die Symmetrie-Wirkung (auch, wenn sie natürlich immer noch da ist) und auch einen von unten nach oben fallenden Schatten empfindet das Auge eher als störend. Das ist wirklich schade, weil mir das Bild irgendwie gefällt und ich es mir sogar als Leinwandprint an der Wand vorstellen könnte …

… wenn es um 90° gedreht wäre und etwas mehr roten Fond hätte. Ich habe das hier unten mal simuliert und das Foto “instagram-freundlich” auf ein quadratisches Format gebracht.

 

Der Standpunkt macht’s

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel ein paar Schritte zur Seite oder vor/zurück ausmachen können. Der Autor des nächsten Beitrags hat zwei Fotos zum Wettbewerb eingereicht, die die selbe Location zeigen und ganz offensichtlich nur im Abstand von wenigen Minuten gemacht wurden. Die erste Version zeigt eine … ich sage jetzt mal “nicht ganz so spannende” Situation.

Bei der zweiten Version ist er weiter nach hinten gegangen und hat einen weiteren Baum als Gestaltungsmittel hinzu genommen, was dem Bild gleich sehr viel mehr Dramatik und Tiefe verleiht. Das hat diese Version gleich in eine höhere Punktekategorie angehoben. Dabei hat er sauber darauf geachtet, die Unterkante des vorderen Baumes nicht mit den beiden Bäumen im Hintergrund kollidieren zu lassen. (Siehe dazu auch die beiden Beiträge oben).

Lediglich der halb verdeckte Baum rechts wirkt etwas deplatziert, ich hätte daher den Ausschnitt etwas anders gewählt und damit ein noch etwas harmonischeres Wettbewerbsmotiv erhalten.

 

Kalt / warm

Mein letzter Beitrag spielt sehr schön mit dem Farbkontrast der bläulichen Pilze zum warmen Umfeld. Durch die vielen ebenfalls kalten Stellen im Umfeld wirkt das Bild allerdings etwas unruhig, das die warme Farbfläche immer wieder durchbrochen wird.

Weil’s kein Juror merkt, würde ich hier einfach die kalten Stellen mit einem warmen Farbton im Modus “Farbe” übermalen, das kann ich auf (mindestens) zwei Arten machen.

1.) Ich nehme die Farbe aus einem gelben Blatt auf, stelle in PS den Modus meines Pinsels auf “Farbe” und male direkt im Bild über die grauen, blauen, kaltroten Bildpartien.

2.) Ich nehme die Farbe aus einem gelben Blatt auf und erzeuge eine neue Ebene über meiner ursprünglichen Bildebene. Den Modus dieser neuen Ebene stelle ich nun auf “Farbe”. Mit meinem Pinsel male ich nun im Modus “Normal” mit der warmen Farbe über die grauen, blauen, kaltroten Bildpartien in der oben liegenden Ebene. Durch deren Ebenenmodus wird die untere Ebene nicht einfach mit der warmen Farbe übermalt, sondern bekommt lediglich die Farbinformation der oben liegenden Ebene. Natürlich kann man auch mit unterschiedlichen warmen Farben arbeiten, was das Ergebnis noch etwas natürlicher macht.

Da die Pilze horizontal einen Tick zu mittig sitzen, schneide ich das Bild gleich noch etwas anders zu und für eine etwas “theatralische” Bildwirkung vignettiere ich das Umfeld ganz leicht.

 

So, das war’s für dieses Jahr, wir sehen uns nach der ersten Runde des nächsten Jahreswettbewerbs wieder. An dieser Stelle schon mal allen, die diesen Artikel lesen, schöne Weihnachten und einen guten Rutsch in ein hoffentlich erfolgreiches neues Wettbewerbsjahr.

Ach ja: Während ich das tippe weiß ich nur bei den Heft-Abbildungen, von wem sie sind – bei allen anderen Fotos weiß ich nicht, ob sie von einer Fotografin oder einem Fotografen eingereicht wurden. Herbert sorgt ggf. vor dem Posten für die richtige Zuordnung!

 

Bilder : © Bei den Fotografinnen und Fotografen der gezeigten Aufnahmen

Text : Ralf Wilken

17 Kommentare

  1. Herzlichen Dank Ralf für Deine wie immer sehr lehrreichen Ausführungen. Ich freue mich, dass Du auch mein Ginkgo-Foto besprochen hast. Das war mir vorher so nicht klar und ja es stimmt, die Veränderung mit der verrückten Bank wirkt ganz anders. Da werde ich in Zukunft drauf achten.
    Dir auch schöne Weihnachten 🎄 und einen guten Rutsch ins neue Jahr 🥂🍾.
  2. Hallo Ralf,
    Deine Besprechung einiger WB-Bilder ist wie immer interessant, lehrreich und kurzweilig!
    Danke dafür und ich muss zugeben, dass dieses Thema auch für mich schwierig war, obwohl (oder gerade weil) der Herbst so viel zu bieten hat.
    Dir und Deiner Familie wünsche ich Frohe Weihnachten und bleibe uns auch weiterhin bei
    D-PIXX so treu.
    Guten Rutsch!
  3. Hallo Ralf, herzlichen Dank für die Lehrstunde in WB-Fotografie. Ich fand das Thema auch super schwierig, denn leuchtende Herbstblätter hat wohl jeder Fotograf zu Hunderten. Hier dann ein Bild zu präsentieren, das anders als die Masse ist, war ein Problem.
    Wünsche dir und deinen Lieben ein frohes Weihnachtsfest und viel Glück und Gesundheit im neuen Jahr!
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    die Veränderung mit der verrückten Bank wirkt ganz anders. Da werde ich in Zukunft drauf achten.

    Ich hab auch so eine verrückte Bank. Meinte sei Konto leero_O Und wo ist das Problem?? Machen wir eben ein neues Konto auf ……verrückte Bank und vor allem ohne Plan! (im Gegensatz zu Ralf der hatte ja einen 😁)