Es gibt sehr viele Motive, überaus sehr viele Motive, unzählige Motive – unmöglich, sie alle zu benennen. Aber darunter sind einige, die muss man in seinem Leben als Hobbyfotograf einfach vor der Kamera gehabt haben. Wir stellen ihnen zunächst einmal sechs Dutzend vor …

… sechs Wochen lang jeden Mittwoch ein Dutzend. Und damit geht es nach der ersten Folge weiter …

 

Raue See

Storm waves over beacon of the harbor of Povoa do Varzim, Portugal - enhanced sky
Foto: Zacarias da Mata – Fotolia.com

Was zeigen viele Bilder vom Meer? Blauen Himmel, türkis farbiges Wasser, feine weiße Schaumkronen – und wenn man nicht aufpasst, drei bis sieben andere Badegäste. Auch solche Bilder haben, wenn sie ordentlich gemacht sind, ihren Reiz. Aber das Meer kann viel mehr. Wenn Frühjahrs- oder Herbststürme über die Küstenregionen ziehen, werden hohe Wellen an die Strände und Wellenbrecher  gepeitscht und die aufschäumende Gischt spritzt meterhoch auf. Eine zumindest spritzwasserfeste Kamera ist ratsam, wenn man so eine Situation im Bild festhalten möchte. Während Schutzfilter vor dem Objektiv im normalen Fotoalltag nicht nötig sind, ist in diesem Umfeld ein UV-Glasfilter nicht schlecht, da man ihn schnell von Tröpfchen reinigen kann. Alternative: Ein Grauverlaufsfilter, um den Himmel drohender aussehen zu lassen. Allerdings sind die verschiebbaren Filterplatten aus Kunststoff nicht so unempfindlich wie ein Glasfilter, bei der Übergang von Grau zu Transparent jedoch in der Mitte stattfindet. Die Serienbildschaltung bzw. Funktionen wie  4K-Foto können helfen, den richtigen Moment zu erwischen, aber ein gutes Auge und Reaktionsvermögen sind für dieses Motiv nicht zu verachten – wie auch Geduld, da nicht jeder Welle gleichermaßen fotogen ist. Da hohe Kontraste das Bild beherrschen, ist das RAW-Format optimal, um am Rechner Details aus den dunklen und hellen Partien zu kitzeln.

 

Schokoschnute

emotional portrait of a little girl with cake
Foto: ifatum – Fotolia.com

Sich mit Schokoladenkuchen einzuschmieren, sollte keine Gewohnheit der lieben Kleinen werden – aber es wird nicht immer zu vermeiden sein. Daraus entwickelt sich dann ein schönes und erinnerungsträchtiges Motiv. Die meisten Bilder dieser Art müssen als Schnappschuss eingefangen werden, und gerade hier kann eine Vollautomatik ihre Stärken ausspielen. Aber natürlich ist es besser, wenn man ein bisschen Zeit hat, um Regie zu führen und ein “Modell”, das dabei mitspielt. Ob spontaner oder gelenkter Schnappschuss: Die Schärfe sollte auf den strahlenden Augen liegen. Bei vielen aktuellen Kameras hilft die Augenerkennung aus dem Angebot der AF-Funktionen. Wenn sie entsprechende Einstellung bietet legt man fest, dass auf das Auge fokussiert werden soll, das der Kamera zugewandt ist.

 

Heißluftballons

Balloons in flight
Foto: Jeff Schultes – Fotolia.com

Wer beim Start eines Heißluftballons dabei sein kann, hat die Möglichkeit, eine jener Aufnahmen machen, die die Ballonhülle von innen zeigt, am besten natürlich durchschienen vom Sonnenlicht. Aber da es es in bisschen dauert, bis der Ballon seine volle Größe erreicht, ist Zeit für ein paar Bilder von außen. Dann bringt die Flamme des Brenners die Hülle zum Leuchten – besonders eindrucksvoll in der Dämmerung. Bei manchen Veranstaltungen kann man das “Ballonglühen” in der Früh oder am Abend erleben. Die Ballons haben dann die volle Größe erreicht, werden von den Gasflammen der Brenner zum Leuchten gebracht, bleiben dabei aber am Boden. Auch wenn der Ballon dann lautlos “fährt” (sagen Sie einem Ballonfahrer nie, sein Ballon würde “fliegen”!) ist er einige Bilder wert, besonders, wenn man das Glück hat, dass Gelborange vor Blau schwebt. Faszinierend ist auch das „Ballonglühen“.

 

Regenbogen

Rainbow Over Denver. Colorado Stormy Sky with Colorful Full Rainbow. Scenic View From the Lookout Mountain, Golden, Colorado, United States.
Foto: Tomasz Zajda – Fotolia.com

So unschön es ist, wenn es im Sommer plötzlich regnet, so schön ist der Regenbogen, der mitunter nach dem Guss entsteht – immer entgegengesetzt zur Sonne, die wieder aus den Wolken kommt. Allerdings kommen Regenbögen oft nur blass ins Bild. Eine knappere Belichtung hilft, ebenso die Nachbearbeitung mit dem Histogramm- oder dem Gradationskurvenwerkzeug. Wer Glück hat, bekommt auch einmal einen doppelten Regenbogen vor die Kamera, bei dem die Farben spiegelverkehrt angeordnet sind. Für einen ganzen Regenbogen braucht man ein Weitwinkelobjektiv, hat aber oft mit einem wenig attraktiven Vordergrund zu kämpfen. In diesem Fall wählt man eine längere Brennweite und beschränkt sich auf ein Ende des Regenbogens, wo ja, wie es im Märchen heißt, ein Goldtopf vergraben ist.

 

Nebel im Tal

Schwarzwald
Leik – Fotolia.com

Was im Tal nur grau, feuchtkalt und störend ist, kann von einem höher gelegenen Standort sehr fotogen wirken. Die Rede ist vom Nebel. Hat man die Obergrenze des Nebels hinter sich gelassen, liegt er wie ein weißer See vor einem, aus dem andere Hügel oder Berge wie Inseln emporragen und in der Ferne immer mehr verschwimmen. Um zu verhindern, dass das viele Weiß zu einer zu dunklen Belichtung führt, wählt man einen positiven Belichtungskorrekturfaktor. Manchmal kann man bei einer Flugreise sehen, wie ganze Flusstäler mit Nebel gefüllt sind und sich wie riesige weiße Ströme durch die Landschaft winden.

 

Schaukel

Swinging
Foto: Gorilla – Fotolia.com

Zwei Seile und ein kleines Brett können ausreichen, ein Kind für eine ganze Zeit glücklich zu machen: eine Schaukel. Um das Kind auf diesem Spielgerät gut ins Bild zu setzen, ist ein tiefer Standort optimal – das Kind erscheint dann völlig losgelöst von der Erde. Für ein scharfes Bild sorgen eine kurze Verschlusszeit und Auslösen in dem Moment, wenn die Schaukel den höchsten Punkt erreicht hat, da sie hier zwischen Auf und Ab für einen winzigen Moment still steht. Mit einem leistungsreduzierten Aufhellblitz lässt sich die Gegenlichtsituation meistern.

 

Pferde-Kuss

Funny horses
Foto: kislovas – Fotolia.com

Eine Zeit lang sehr selten, heute nicht mehr: Pferde auf der Koppel.  (Es gibt angeblich mehr Pferde in Deutschland als vor dem 1. Weltkrieg, als die Tiere noch im Arbeitsalltag und bei Militär im Einsatz waren!) Wenn man eine Koppel gefunden hat, bei der sich aus wenigstens einer Richtung ein natürlicher, unverbauter Hintergrund bietet, sollte man ein bisschen Geduld mitbringen und wenn möglich ein Telezoom. Da man nicht beliebig nah an die Tiere herankommt, muss man mit der Brennweite spielen. Um die nötige kurze Verschlusszeit zu erhalten, dreht man die Empfindlichkeit ein bisschen hoch. Hier ist die ISO-Automatik sinnvoll, sofern man eine Obergrenze eingeben kann. Und dann heißt es warten. Pferdebesitzer sehen es übrigens gar nicht gern, wenn man die Tiere mit Zucker lockt oder belohnt. Besser ist altes, hartes Brot.

 

Rote Lippen

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Foto: Seprimoris | Dreamstime.com

„Rote Lippen soll man küssen, denn zum Küssen sind sie da …“. Viele Grüße an Cliff Richards und  alle, die sich daran erinnern können. Rote Lippen können aber auch zum Fotografieren da sein. Für ein Bild, das den Mund so groß zeigt, ist ein Makroobjektiv mit einer langen Brennweite gut, da es einen angenehmen Arbeitsabstand bringt. Für die Glanzeffekte sind weiße Reflektoren ein sinnvolles Zubehör, es kann in diesem Fall auch einmal ein Spiegel sein. Die Farben werden dann in der Bearbeitung des (RAW-)Bildes intensiviert. Sollten die Konturen beim Schminken nicht 100% sauber gelungen sein, kann man auch das um Zuge der Nachbearbeitung korrigieren. Ein

 

Nebelstimmung

Early morning fishing in autumn on a lake as the mist rises from the water.
Foto: geno sajko – Fotolia.com

Wenn die Sonne herauskommt und sich über einem See Dunst oder Nebel bildet, ist das eine ganz eigentümliche Stimmung, die es einzufangen gilt. Die Wahl der Brennweite richtet sich nach den Gegebenheiten – wenn ein Weitwinkel ein modernes Motorboot erfassen würde, nimmt man eben eine längere Brennweite, um die Stimmung nicht zu zerstören. Eine leichte Pluskorrektur der Belichtung hilft gegen das drohende Vergrauen des Bildes und bringt Zeichnung in den Vordergrund, der sonst zur Silhouette würde. Durch diesen Vordergrund zeigt sich im Bild mehr räumliche Tiefe und der Betrachter kann Entfernungen im Motiv besser einschätzen.

 

Spuren im Sand

Grenzen
Foto: JM Fotografie – Fotolia.com

Die besten Chancen für Aufnahmen von Spuren hat man, wenn ein Strandabschnitt menschenleer und der Sand ein wenig feucht ist. Neben den typischen Aufnahmen senkrecht von oben sollte man auch Bilder von einem tiefen Standort aus machen und die Schärfe dabei auf den nächstliegenden Fußabdruck einstellen. Leicht seitlich einfallendes Licht macht die Abdrücke dreidimensional. Ähnliches gilt auch für Spuren im Schnee. EIn Blick auf das Histogramm ist ratsam, um zu sehen, ob der Sand so hell ist, dass eine Pluskorrektur gegen das Vergrauen eingestellt werden muss. Auch das Motivprogramm “Strand” ist einen Versuch wert.

 

Dampflok

Die Karoline dampft
Foto: Arndt Buethe – Fotolia.com

Es ist nicht verwunderlich, dass es viele Dampflokfans gibt, die keine Sonderfahrt auslassen, bei der eines der alten schnaubenden Ungetüme zum Einsatz kommt. Das Problem ist dann, dass alle die Lok fotografieren möchten und sich gegenseitig im Weg stehen. Man kann sich in so einem Fall auf Details konzentrieren, Ausschnitte der Räder oder der Rohre fotografieren. Wenn sich aber die Gelegenheit bietet, nah an die Lok heranzukommen, sollte man sich nicht auf eine technische Abbildung zurückziehen, sondern versuchen, die Kraft der Maschine ins Bild zu holen. Eine kurze Brennweite und ein tiefer Aufnahmestandort helfen dabei. Und wenn dann noch das Wetter mit dräuenden Wolken mitspielt …

 

Die Welt von oben

Dubai Fountain Area from Burj Khalifa
Foto: Michael Schütze – Fotolia.com

Hochhäuser sind nicht nur ein Motiv (auf das wir noch einmal zurück kommen werden), sondern auch ein sehr guter Standort für faszinierende Bilder von Stadtlandschaften. Weil die Kamera geneigt ist, zeigen sich „umgekehrte stürzende Linien“, die den Blick in die Tiefe ziehen. Sie kommen allerdings kaum zum Vorschein, wenn sich der Wolkenkratzer nach oben verjüngt. Diese “architektonisch bedingte” Schräge hebt die “optisch bedingte” Schräge der stürzenden Linien wieder auf.  Ein sehr guter Moment für solche Bilder ist die Dämmerung, wenn schon die Lichter brennen, aber die Dunkelheit die Häuser noch nicht verschluckt. In unseren Breiten lässt sich die Zeit nach einem Regen gut nutzen, da dann die Luft klarer ist (das gilt übrigens auch für Landschaftsbilder).

Texte (c) Herbert Kaspar

Aufmacherfoto (c) Herbert Kaspar