Im fünften Jahr ihres Bestehens bekommt die X-Serie von Fujifilm ein neues Flaggschiff – die Fuji X-Pro2, die die Nachfolge der oft (auch bei uns) sehr gelobten X-Pro1 antritt. Sie bringt eine höhere Auflösung, einen größeren ISO-Bereich, ist schneller … schauen wir sie uns an.

(Hinweis: Bei der Testkamera handelte es sich zwar um ein finales Gehäuse, die Firmware wurde aber als „near to final“ beschrieben, kann also noch hier und da kleine Änderungen erfahren.)

Das Gehäuse ist mit rund 141 x 83 x 46 mm nicht klein und minimal größer, als die X-Pro1 (140 x 82 x 43 mm). Der Handgriff ist eher angedeutet als ausgeprägt (kleiner als bei der X-Pro1), aber ich hatte beim Fotografieren über mehrere Stunden hinweg keine Probleme.

fuji_xpro2_chassis

Zum Gewicht von 495 g (mit Akku, SD-Karte, ohne Objektiv) trägt bei, dass das Gehäuse aus einer Magnesiumlegierung besteht. Die macht es robust, und 61 Dichtungen sollen dafür sorgen, dass Staub und Feuchtigkeit draußen bleiben. Mangels Staub und Feuchtigkeit konnte das nicht überprüft werden.

Das Flachdach ist (in Aufnahmerichtung gesehen) rechts etwas abgesenkt. Hier findet man den Hauptschalter, der den Auslöser umgibt, der wieder einen nostalgischen Anschluss für einen Drahtauslöser aufweist, und daneben die Fn-Taste.

Das Einstellrad für Belichtungskorrekturfaktoren ragt wieder ein wenig nach hinten über die Gehäusekante, aber man kann nun im Bereich v on +-3 EV in Drittelstufen korrigieren (+-2 beim ersten Modell). Wenn das nicht reicht, dreht man das Rad in „C“-Position und kann nun mit dem vorderen Einstellrad bis +-5 EV korrigieren.

Dazu kommt rechts oben auch bei der neuen X-Pro das große Verschlusszeiteneinstellrad. Man kann hier Werte von 1 Sek. bis 1/8000 Sek (1/4000 bei der X-Pro1) einstellen, dazu B und T für Langzeitbelichtungen. Dazu kommt A für die Zeitautomatik nach Blendenvorwahl (bzw. Programmautomatik, wenn am Objektiv ebenfalls die automatische Blendeneinstellung aktiv ist.

Neu ist, dass man die Einstellung der ISO-Werte ins Zeitenrad integriert hat. Man zieht den Rand des Rades hoch und kann nun in einem kleinen Fenster Empfindlichkeiten von ISO 200 bis 12.800 einstellen, dazu kommen als Erweiterungen ISO 100 und ISO 25.600 und ISO 51.200. Die Art, wie man die Empfindlichkeit einstellt, erinnert sehr an Kameras der 1970er Jahre – vom riesigen Bereich wagte man damals aber nicht einmal zu träumen.

Für Einstellarbeiten stehen nun zwei Räder zur Verfügung, eines im Griffbereich des rechten Zeige- oder Mittelfingers, eines in dem des rechten Daumens. Ein Vierrichtungskreuz kommt als drittes Instrument dazu.

Einstellungen können über das Quickmenü oder das Hauptmenü vorgenommen werden.

Das Hauptmenü wurde überarbeitet. Es ist übersichtlich und klar gegliedert und man kommt rasch dahin, wohin man möchte.

Auch die neue X-Pro ist mit einem besonderen Suchersystem ausgestattet. Der Suchereinblick (mit Dioptrienkorrekturrad) ist wieder links oben (von hinten gesehen) positioniert, wie man es von Messsucherkameras seit Jahrzehnten kennt.

Er ist, wie bei der X-Pro1 als Hybridsucher ausgelegt, bietet aber im Gegensatz zum ersten Modell nur zwei Modi: Elektronischer Sucher und optischer Sucher.  Zwischen beiden wechselt man, in dem man einen Schalter auf der Vorderseite rechts oben betätigt.

Der EVF hat eine Bildabdeckung von 100% und eine Vergrößerung von 0,59x. Der optische Sucher zeigt ein bisschen mehr, als aufs Bild kommt, das durch einen Leuchtrahmen angezeigt wird. Hier sind rund 92 % des späteren Bildes bei einer Vergößerung von 0,36x zu sehen. Drückt man  den Knopf im Umschalter kann man vier Rahmen für 35, 56, 60, 90 mm Brennweiten einblenden lassen.  56 und 60 mm liegen zwar sehr eng zusammen, stehen aber für zwei sehr interessante Festbrennweiten im Fujifilm-Programm.

Drückt man Hebel nicht innen, wählt man als sozusagen den zweieinhalbten Suchermodus. Es wird ein kleiner Bildschirm eingespiegelt, auf dem ein Ausschnitt des Motivs vergrößert zu sehen ist, was die Schärfenkontrolle und die manuelle Scharfstellung erleichtert.

Die verschiedenen Suchermodi sind nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal der beide Fuji X-Pro-Modelle, sondern durchaus auch hilfreich – beim Einsatz von Festbrennweiten kann man schnell entscheiden, ob sich ein Wechsel lohnt, oder nicht.

Mit dem [View Mode]-Knopf oben auf der Rückwand kann man zudem einstellen, ob nur der Bildsucher verwendet wird, ob er immer an ist oder über den Augensensor ein- und ausgeschaltet wird, ab per Augensensor zwischen Sucher und Rückwandmonitor umgeschaltet wird oder ob nur der Rückwandmonitor zum Einsatz kommt.

Der Suchermonitor hat eine Diagonale von 0,48“ und eine Auflösung von 2,36 Mio. Dots. Das Bild ist knackscharf,  flimmert auch in dunklen Umgebungen nicht und es kommt beim Nachführen nicht zu Verzögerungen. Dafür wurde die Wiederholrate gegenüber der X-Pro1 von 54 B/Sek. auf 85 B/Sek. erhöht.

Der Rückwandmonitor ist höher auflösend und größer als bei der ersten X-Pro: 1,62 Mio Dots sind auf einem Schirm mit einer Diagonale vom 3“ untergebracht. Auch hier gib es am Bild nichts zu mäkeln. Die neue Größe hat eine geänderte Anordnung der Tasten zur Folge hat. Kurz nach dem Wechsel zwischen beiden Modellen wird man vielleicht das ein oder andere Mal daneben greifen, aber das wird sich schnell geben.

Wichtig: das Daumeneinstellrad ist geblieben. Ebenso wichtig: es gibt nun je eine Taste für die Belichtungs- und Schärfenspeicherung. Und noch wichtiger: Man hat der X-Pro2 einen Joystick spendiert, mit dem man schnell das AF-Messfeld neu platzieren kann. Insgesamt stehen 273 Messpunkte zur Wahl. In 169 davon erfolgt die Scharfstellung per Phasendetektion. Sie sind in einem großen Feld in der Mitte angeordnet, das ca. 75% der Höhe und 50 % der Breite einnimmt). In den anderen Messpunkten kommt die Kontrastdetektion zum Einsatz.  Da alle AF-Felder zusammen einen sehr großen Teil des Bildfeldes abdecken, kann man sehr flexibel mit dem Schärfenpunkt arbeiten. Was mir gefehlt hat ist, dass man mit einem Druck auf den Joystick sofort zum mittleren AF-Feld zurückkehrt (aber, wie eingangs erwähnt, war die Firmware der Testkameras nur „near to final“.

Wenn man das AF-Messfeld platziert hat, geht die Fokussierung sehr schnell. Ich hatte mit keinem der vier Objektive, die ich beim ersten Praxistest nutzte, irgendwelche Probleme – weder mit dem Lichtriesen 56 mm F1.2, noch mit dem nicht sehr lichtstarken Allroundzoom 18-135 mm (ca. 28-200 mm [@KB]. Bei schlechten Lichtverhältnissen kommt das AF-Hilfslicht zu Einsatz. Es ist sehr hell und kann Menschen vor der Kamera durchaus einmal irritieren.

Auch in Sachen Belichtungsmessung und -steuerung ist die X-Pro2 top. Die Messcharakteristika Mehrfeld, mittenbetont integral und Spot sind ja weit verbreitet – bei der X-Pro zwei sind allerdings mittenbetont und rein integral zwei getrennte Messmethoden. Besonders beim manuellen Abgleich lassen sich diese beiden Charakteristika (je nach Gewohnheit und Erfahrung des Fotografen) sehr gut nutzen.

Dass am Wählrad nun die sehr kurze Verschlusszeit von 1/8000 Sek. eingestellt werden kann, wurde schon erwähnt. Aber das ist nicht das Ende der Fahnenstange: Der elektronische Verschluss macht Aufnahmen mit 1/32000 Sek. möglich – das ist sehr schnell. Apropos schnell: Aufnahmeserien sind mit max. 8 B/Sek. mit Schärfennachführung möglich. Sagt Fuji. Das muss beim Test in der Redaktion noch überprüft werden.

Der Weißabgleich ist sehr sicher, bringt aber einen sehr deutlichen gelb/orange Ton in Aufnahmen, die bei Licht aus Glühbirnen kommt.

Und damit sind wir nun beim Sensor angelangt. Es ist zwar ein neuer X-Trans CMOS III-Sensor, der erstmals für eine Systemkamera von Fujifilm Bilder in der Größe 6000 x 4000 Pixel bringt. Diese 24 MPix sind aber immer noch auf dem APS-Format untergebracht. Das bringt in der Praxis zum einen ein sehr gutes Auflösungsvermögen. Zur exakten Wiedergabe feiner Details (u. a. Haare, Wimpern, Schmuck der Models in den ersten beiden Bildern zeigen es) tragen natürlich auch die Objektive bei, aber der neue Sensor kann hier beweisen, dass er’s wirklich drauf hat.

Auf der anderen Seite bedeuten  24 MPix auf einem APS-Sensor, dass die Pixel kleiner werden, was mehr Rauschen als beim früheren Sensor zur Folge haben könnte – aber das ist, nach den ersten Aufnahmen zu urteilen, nicht der Fall. Wegen der noch nicht endgültigen Firmware muss mit der üblichen ISO-Reihe und einer abschließenden Bewertung gewartet werden, bis eine ganz fertige Kamera in die Redaktion kommt. Aber während der knapp anderthalb Tage, in denen ich die Kamera nutzte, kamen unterschiedliche ISO-Einstellungen zum Einsatz, und diese ersten Praxisbilder machen schon einmal einen sehr guten Eindruck – schauen Sie sich einfach die Bilder am Ende des Beitrages an.

Hier ist auch zu sehen, dass die X-Pro2 mit einer sehr guten Dynamik aufwarten kann. Auch sehr kontrastreiche Motive werden so ins Bild gebracht, dass Lichter und Schatten Zeichnung zeigen – was nicht zuletzt auch an der automatischen Optimierung liegt, deren Stärke man wie gewohnt auf eine von drei Stufen festlegen kann (100 %, 200 %, 400 %).

Unter den Bildern ist auch eines, das mit der neuen Filmsimulation „Acros“ für S/W-Bilder aufgenommen wurde. Es zeigt schöne Graustufen – und Korn, dessen Stärke man mit dem Effekt „Filmkorn“ in drei Stufen einstellen kann. Pfiffig!

Für die Speicherung der Bilder stehen zwei SD-Karten zur Verfügung. Die beiden Slots sitzen hinter einer Klappe auf der rechten Schmalseite. Auch wenn man JPEGs und RAWs parallel aufnimmt, geht das Speichern schnell. Die großen JPEGs sind meist zwischen 10 und 16 MB groß. Für die RAW-Dateien kann man wählen zwischen unkomprimiert und verlustfrei komprimiert. Die Dateigrößen liegen dann bei ca. 50 MB und um die 28 MB. Ob man nach dem Entwickeln Unterschiede zwischen den RAW-Modi feststellen kann, muss ein späterer Praxistest zeigen.

Was wurde noch nicht erwähnt? Die Intervallfunktion macht bis zu 999 Aufnahmen mit 1 B/Sek. bis ein Bild alle 24 Stunden möglich, ein WiFi-Modul ist integriert, über die App „Fujifilm Camera Remote“ kann die X-Pro2 vom Smartphone oder Tablet aus ferngesteuert werden, Bilder können drahtlos auf externen Geräten gesichert werden. Für Filmaufnahmen steht das Full-HD-Format zur Verfügung –  4K soll auch später nicht per Firmware-Erweiterung nachgerüstet werden, da die X-Pro2 eindeutig als Fotokamera positioniert werden soll (was natürlich zur Frage führt, welche Kamera den Platz der Multimediakamera einnehmen wird?).

Alles in allem ist die X-Pro2 ein sehr gut geschnürtes Paket. Nach den ersten Aufnahmen würde ich sagen: Der Wechsel von der X-Pro1 lohnt sich und wer als anspruchsvoller Fotograf (Amateur oder Profi) neu in ein ausgezeichnetes spiegelloses System einsteigen möchte, sollte die X-Pro2 auf jeden Fall in die Überlegungen mit einbeziehen.

 

Text und Screenshots © Herbert Kaspar

Produktbilder © Fujifilm

 

Vorläufiges Testergebnis

GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS

 

 

 

Verfügbarkeit

Februar 2016

Preis (UVP)

1799,- €

Praxisbilder

Hinweis: Ein Klick auf ein  Beispielsbild bringt es in der vollen Größe von 6000 x 4000 Pixeln auf Ihren Monitor. Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!

Bei allen Bildern handelt es sich um unbearbeitete JPEGs!

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 56 mm F 1.2 R APD | 56 mm | ISO 640 | F1.2 | 1/600 Sek. | -0.67 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 56 mm F 1.2 R APD | 56 mm | ISO 400 | F2.8 | 1/680 Sek. | -1 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 35 mm F 2 R WR | 35 mm | ISO 1600 | F2.8 | 1/80 Sek. | -1 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 35 mm F 2 R WR | 35 mm | ISO 3200 | F4 | 1/100 Sek. | -0.67 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 35 mm F 2 R WR | 35 mm | ISO 3200 | F6.4 | 1/56 Sek. | -0.67 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 18-135 mm F 3.5-5.6 R LM OIS WR | 18 mm | ISO 6400 | F3.5 | 1/150 Sek. | -0.67 EV | Filmsimulation: Acros

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 18-135 mm F 3.5-5.6 R LM OIS WR | 70 mm | ISO 200 | F8 | 1/850 Sek. | -0.67 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 18-135 mm F 3.5-5.6 R LM OIS WR | 25 mm | ISO 200 | F5 | 1/600 Sek. | -0.33 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 18-135 mm F 3.5-5.6 R LM OIS WR | 116 mm | ISO 200 | F8 | 1/680 Sek. | -0.1 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 18-135 mm F 3.5-5.6 R LM OIS WR | 52 mm | ISO 400 | F8 | 1/450 Sek. | -0.33 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 14 mm F 2.8 R | 14 mm | ISO 400 | F8 | 1/50 Sek. | -0.33 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 14 mm F 2.8 R | 14 mm | ISO 400 | F7.1 | 1/340 Sek.

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 14 mm F 2.8 R | 14 mm | ISO 3200 | F5.6 | 1/30 Sek. | -0.33 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 14 mm F 2.8 R | 14 mm | ISO 6400 | F5.6 | 1/75 Sek. | -0.33 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 14 mm F 2.8 R | 14 mm | ISO 200 | F6.4 | 1/500 Sek. | -0.33 EV

 

Fujifilm X-Pro2 | XF 14 mm F 2.8 R | 14 mm | ISO 200 | F6.4 | 1/500 Sek. | -0.33 EV | Filmsimulation: Sepia

 

Alle Praxisbilder © Herbert Kaspar

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