Fujifilm gehört zu den Vorreitern des Retrolooks für spiegellose Systemkameras mit modernster Technik. Diese Kombination bietet auch die Fujifilm X-T30 II, eine im Detail verbesserte Version der X-T30.

Die Fujifilm X-T30 II kommt im kompakten und leichten Gehäuse der Fujifilm X-T30 – übernimmt aber viel Ausstattung vom Top-Modell Fujifilm X-T4 und auch von der X-S10.

Im Zentrum der X-T30 II steckt der bekannte X-Trans-CMOS-Sensor im APS-C-Format mit 26 MPix Auflösung.

 

 

Das Gehäuse im Design einer SLR der 1970er Jahre wiegt bei Abmessungen von rund 119 x 83 x 47 mm knapp 380 g.

Was die X-T30 II von den alten Kameras à la Fujica ST901 (von 1974) unterscheidet, ist der angedeutete Handgriff. Er trägt zwar ein wenig dazu bei, dass die kleine Kamera gut in der Hand liegt – mir wäre aber eine echt nostalgische glatte Fläche lieber.

Den Griff könnte man mit einer anschraubbaren Bodenplatte kombinieren, die dann gleich Arca-Swiss-kompatibel sein könnte. Damit würde man auch ein kleines, aber doch spürbares Problem der X-T30 II lösen – dass nämlich das Stativgewinde gegenüber der optischen Achse nach rechts verschoben ist.

Dieses kleine Problem hat die X-T30 II mit dem Vorgängermodell gemeinsam, weil sich am Gehäuse nichts geändert hat. Und damit wurde auch ein zweites kleines Problem von der X-T30 übernommen: Der Joystick auf der Rückwand für Bewegungen des AF-Feldes und bei Einstellarbeiten, ist sehr klein und könnte gern ein Stück weiter oben liegen.

Mit den beiden kleinen Problemen kann man in der Praxis sehr gut leben – aber noch besser, wären sie gelöst.

Wie gesagt entspricht das Gehäuse dem der  X-T30. Das ist verständlich, denn bis auf die beiden angesprochenen Punkte ist das Gehäuse, so wie es ist, gut gelungen.

Auf der linken Schulter sitzt das Betriebsartenwählrad.

Hier legt man fest, ob man Einzelbilder, langsame oder schnelle Serien aufnehmen möchte. Schnelle Serien heißt, dass man (immer mit dem elektronischen Verschluss) maximal 20 B/Sek. erreicht, die den vollen Bildwinkel erfassen, oder 30 B/Sek. mit leicht eingeschränktem Bildwinkel. Der Crop-Faktor beträgt dann 1,25x – bezogen auf den APS-C-Sensor, der ja schon einen Crop-Faktor von 1,5x ins Spiel bringt. Für die schnellen Serien muss dann also mit einem Crop-Faktor von ca. 1,9x gegenüber Vollformatgerechnet werden.

Mit dem mechanischen Verschluss beträgt die maximale Aufnahmefrequenz 8 B/Sek.

Auch bei den schnellen Serien verliert man das Motiv nicht aus dem Auge. Dunkelphasen zwischen den Bildern entfallen.

Im Zusammenhang mit den schnellen Serien und dem elektronischen Verschluss ist auch die praktische Funktion Pre-Aufnahme erwähnenswert. Solange man den Auslöser halb durchdrückt, werden 10 Bilder im Puffer-Speicher gehalten. Drückt man den Auslöser durch, kommen je nach Modus 15 bis 110 weitere Aufnahmen hinzu, aus denen man dann die richtige(n) auswählt. Dass es das auch anderswo gibt, ist kein Grund, es bei der X-T30 II nicht zu loben.

Am Betriebsartenwählrad kann man darüber hinaus zwischen zwei Filter- und zwei Bracketing-Varianten wählen, die man vorher in der Drive-Sektion des Menüs festgelegt hat.

Das Angebot an Filtern umfasst Lochkamera, Miniatur, Pop-Farbe, High-Tone, Low-Key, Dynamische Farbtiefe und Weichzeichner, dazu kommt noch Partielle Farbe in sechs Varianten. Welche man einsetzt undn welche nicht, ist eine Frage der persönlichen Vorlieben. Mir haben High-Tone und Low-Key gut gefallen. Ein Weichzeichner ist auch immer wieder gut, kann aber präziser bei der Nachbearbeitung am Rechner auf das Motiv abgestimmt werden.

Bracketing steht für Empfindlichkeit, Filmsimulation, Weißabgleich, Dynamikbereich und Fokus zur Wahl.

Am Betriebsartenwähler kann man dann noch die Funktionen Mehrfachbelichtung, Schwenkpanorama und Videoaufnahmen aktivieren.

Für Videos bietet die X-T3 II neben 4K mit 3840 x 2160 Pixeln (16:9 )auch die etwas breitere Variante Cinema 4K mit 4096 x 2160 Pixeln (17:9). Auch Full-HD steht in 16:9 und 17:9 zur Wahl. Im Full-HD-Modus sind drei Minuten lang Hochgeschwindigkeitsaufnahmen mit 240 B/Sek. möglich, sechs Minuten lang mit 120 B/Sek. Diese Zeitlupeneffekte sind z. B. für Bewegungsstudien ideal.

Was man am Betriebsartenwähler vergeblich sucht, sind die PASM-Modi. Hier setzt Fujifilm schon seit der X-Pro1 von vor 10 Jahren auf eine sehr einfache und klare Technik. Blendenring und Verschlusszeitenrad auf A bedeutet Programmautomatik, eines von beiden auf A heißt Zeit- oder Blendenautomatik, und für den manuellen Belichtungsabgleich stellt man an beiden Rädern den gewünschten Wert ein. (Bei den wenigen Objektiven ohne Blenden-/Einstellring wird die Blende am Gehäuse eingestellt.)

Programme, die auf spezielle Motive abgestimmt sind, bietet auch die X-T30 nicht, aber es steht eine Vollautomatik zur Verfügung, die man mit einem kleinen Hebel unter dem Verschlusszeitenrad ein- und ausschaltet. Sie soll dank eines weiterentwickelten Algorithmus nun in der Lage sein, die Motivszene noch besser zu analysieren, um dann im Bruchteil einer Sekunde die jeweils optimalen Kameraeinstellungen zu wählen.

Weil eine X-T30 nicht für einen direkten Vergleich unter gleichen Bedingungen zur Verfügung stand, lässt sich das schlecht beurteilen. Fest steht, dass die Vollautomatik sehr gut arbeitet und immer dann eine gute Wahl ist, wenn keine bestimmte Blende oder Verschlusszeit für die Aufnahme nötig ist, um einen bestimmten Effekt zu erzielen, oder sich ganz auf eine neue Umgebung konzentrieren möchte.

Am Verschlusszeitenrad lassen sich Zeiten von 1/4000 Sek. bis 1 Sek. wählen, dazu kommen die Positionen A, B und T. In der B-Position wird solange belichtet, wie man den Auslöser gedrückt hält, in der T-Position startet und beendet man die Belichtung jeweils durch einen Druck auf den Auslöser.

Über die Zeiten hinaus, die mit dem Zeitenrad aufgerufen werden können, stehen mit dem elektronischen Auslöser Werte bis zur ultrakurzen 1/32.000 Sekunde zur Verfügung.

Man wählt diese Zeiten mit einem der beiden Einstellräder, die im Griffbereich des rechten Zeigefingers und des rechten Daumen aus dem Gehäuse ragen. Bei beiden kann man durch Drücken des Rades zwischen zwei Einstellebenen wechseln.

Rechts vom Verschlusszeitenrad sind der Auslöser mit Hauptschalter, die Fn-Taste und das Rad für die Belichtungskorrekturen untergebracht. Hier können Werte von ± 3 EV eingestellt werden. Bringt man das Rad in die Position C, lassen sich mit den erwähnten Einstellrädern Werte von ± 5 EV wählen.

 

Wie das Vorgängermodell ist die X-T30 II auf der Rückwand mit einem klappbaren 3“-LCD-Monitor ausgestattet, der nun aber eine Auflösung von 1,62 Mio. RGB-Dots (statt 1,04 RGB-Dots ) bietet.

 

Er ist als Touch-Screen ausgeführt.

Ein wichtiges Einstellelement auf der Rückwand ist die Q-Taste. Sie sitzt ganz rechts auf der Daumenauflage. Mit ihr ruft man das Schnelleinstellmenü auf und kann hier direkt auf 12 Funktionen zugreifen.

Auch wenn das Bild auf dem Rückwand-Monitor hell und klar ist, wird man in den meisten Aufnahmesituationen den Sucher nutzen.  Der Suchermonitor bietet wieder eine Auflösung von 2,36 Mio. RGB-Dots und eine Vergrößerung von 0,62x [@KB].

In der Praxis ist der Sportsucher-Modus eine feine Sache. Das eigentliche Bildfeld wird kleiner dargestellt und von einem feinen, aber gut sichtbaren Rahmen umgrenzt. Drumherum kann man das Umfeld des eigentlichen Motivs im Auge behalten und z. B. darauf warten, das jemand passend ins Bild läuft, z. B. vor ein beleuchtetes Schaufenster.

Als Bildprozessor kommt der X-Prozessor 4 zum Einsatz, der u. a.. für die hohe Geschwindigkeit sorgt und auch dafür, dass der Hybrid-AF sehr schnell arbeitet und auch bewegte Motive sehr gut in der Schärfe halten kann.

Man kann sich sehr gut auf die automatische Messfeldwahl verlassen, wird aber in der Regel den Schärfenpunkt selbst bestimmen wollen. Das geht mit dem Mini-Joystick und auch durch Antippen des Touch-Screens sehr gut (auch wenn, wie gesagt, der Joystick etwas weiter oben angenehmer wäre.)

Man kann wählen zwischen 13 x 9 oder 25 x 17 Messfeldern, die bis auf einen schmalen Streifen am Rand das ganze Bildfeld abdecken.

Sehr praktisch ist die Arbeit mit einer Messfeldgruppe. Das größere Gruppen-Messfeld richtet man dann auf das Hauptmotiv aus und die Automatik wählt das Feld innerhalb der Gruppe, das am besten passt.

Soll die Schärfe auf ein sehr kleines Teil im Motiv abgestimmt werden, ist das kein Problem. Man kann die Messfeldgröße weiter herunterregeln.

Was gehört zu einer Kamera von Fujifilm? Richtig! Die Filmsimulationen. 18 sind es in der X-T30 II – und sie machen in der Praxis alle Spaß.

Nicht über die Simulationen, sondern über das Aufnahmemenü sind die Farbeinstellungen Chrome Effekt und Chrome FX Blue zu erreichen.

Verzichtet man auf Eingriffe in die Farbwiedergabe, bringt auch die X-T-30 II wieder natürliche, saubere Farben, wofür die X-Trans-Sensoren schon viel Lob bekommen haben.

Bei wenig Licht kann der eingebaute Blitz helfen, der praktisch unsichtbar im kantigen Sucheraufbau untergebracht ist. Er wird nicht automatisch aktiviert. Mithilfe eines Hebelchens kann man ihn in die Aufnahmeposition springen lassen. Fürs Aufhellen ist er sehr gut zu gebrauchen. Ansonsten gilt wie immer: Frontales Blitzlicht ist keinem Bild zuträglich.

Für den kabellosen Kontakt zu anderen Geräten ist die Kamera mit einem WiFi- und einem Bluetooth-Modul ausgestattet.

Die Anschlüsse für Kabel sind auf der linken Schmalseite hinter einem Türchen mit Scharniet (Daumen hoch) untergebracht. Von oben nach unten sind es Buchsen für Mikrophon/Fernsteuerung, USB-C 3.2 (über die der Akku in der Kamera geladen wird) und micro-HDMI.

Der Akku NP-W126S und die Speicherkarte teilen sich ein vom Boden her zugängliches Fach.

Von der Abbildungsleistung her liegt die X-T30 II auf dem Level der X-T30 und der größeren Schwester X-T4. 

Das Auflösungsvermögen ist, auch aufgrund der Tatsache, dass auf einen Tiefpassfilter verzichtet wird, sehr hoch. Diese Leistung wird bis in den Empfindlichkeitsbereich von ISO 800 bis ISO 1600 beibehalten. 

In diesem Bereich spielt auch Rauschen gar keine Rolle, bei den nächsten beiden Stufen lässt sich in vielen Aufnahmesituationen vernachlässigen und auch ISO 12.800 sind besser, als der viel zitierte Notanker bei schlechten Lichtverhältnissen. Bei den noch höheren Empfindlichkeiten kommen dann die Störungen doch schon deutlich zum Vorschein.

Die Farbewiedergabe ist, wie schon angesprochen, hervorragend. In Sachen Dynamik gibt es mittlerweile bessere Sensoren, aber auch rund 10 EV sind ein sehr guter Wert.

Alles in allem ist die X-T30 II ein gelungenes Update einer kleinen top Kamera und nicht nur jenen zu empfehlen, die gern mit kleinem Gepäck große Touren machen.

 

BEWERTUNG FÜR FUJIFILM X-T30 II

GUT – SEHR GUT – HERVORRAGEND – HERVORRAGEND PLUS – HERVORRAGEND DOPPEL PLUS

 

 

Text und Bilder © Herbert Kaspar

 

PRAXISBILDER

Ein Klick auf eines der Praxisbilder bringt es mit einer Länge von 1800 Pixeln über die lange Seite auf Ihren Bildschirm. Die Bildgröße wurde im aktuellen Adobe Photoshop reduziert.

Zu einigen Bildern zeigen wir einen entsprechend gekennzeichneten 100-%-Crop aus dem 6240 x 4160 Pixel großen Originalbild.

Beachten Sie bitte, dass die Bildqualität, besonders die Farbwiedergabe, auch von den Einstellungen Ihres Monitors abhängt!

 

FUJIFILM X-T30 II MIT FUJINON XF 70-300 mm F4-5,6 R LM OIS WR

 

@249 mm | ISO400 | F5,6 | 1/750 Sek.
@300 mm | ISO 1250 | F5,6 | 1/900 Sek.
Die Fujifilm X-T30 II gibt Farben in der Natur sauber und fein abgestuft wider …
@178 mm | ISO 10.000 | F8 | 1/500 Sek.
… kommt aber auch mit starken Farben aus der Modewelt sehr gut klar.
100-%-Crop
@249 mm | ISO 320 | F8 | 1/900 Sek.
100-%-Crop
@300 mm | ISO 3200 | F8 | 1/900 Sek.
Innerhalb der sehr schmalen Schärfenzone werden die feinen Details sehr gut aufgelöst und ISO 3200 sind der Aufnahme nicht anzusehen.
100-%-Crop

 

ISO-REIHE

Das erste Bild zeigt den Aufbau im Studio, der wie immer mit einer Tageslicht-Fotoleuchte beleuchtet wurde. Die Helligkeit entspricht etwa EV 7.

Die weiteren Bilder sind 100-%-Crops aus den 6240 x 4160 Pixel großen Originalbildern.

Alle Aufnahmen der ISO-Reihe mit dem Fujinon XF 33 mm F1,4 R LM WR.

 

Der Aufbau
ISO 200 | F8 | 0,4 Sek.
ISO 200 | F8 | 0,4 Sek.
ISO 800 | F8 | 0,1 Sek.
ISO 800 | F8 | 0,1 Sek.
ISO 3200 | F8 | 1/42 Sek.
ISO 3200 | F8 | 1/42 Sek.
ISO 12.800 | F8 | 1/160 Sek.
ISO 12.800 | F8 | 1/160 Sek.

 

Alle Praxis-Bilder und Bilder der ISO-Reihe © Herbert Kaspar