Hallo an alle Leser der d-pixx-Printausgabe und Besucher der d-pixx-Website.
Wie ihr an diesem ersten Post sehen könnt, sind meine Bildbesprechungs-Seiten vom Heft ins Web gewandert, ihr findet die Bildbesprechungen zu den Bildern der jeweils aktuellen Wettbewerbsrunde also ab sofort hier.

Die letzte Runde (1/2022) war von den Beiträgen her relativ gut, lag also insgesamt leicht über dem Durchschnitt der letzten Jahre. Dadurch sind natürlich auch viele Bilder, die wirklich gut waren, von mir nur als Web-Annahme bewertet worden… aber daran seid ihr selbst Schuld, das Niveau war halt hoch 🙂

Merkwürdigerweise war diesmal wenig Material dabei, das sich für die Bildkritik eignet. Das hat nichts mit Qualität und auch nichts mit Quantität zu tun, das ist einfach manchmal so.
Wie ihr unten sehen könnt, habe ich aber trotzdem einige Beispiele gefunden.

Laterne, Laterne

Fangen wir doch mal mit einem Bild an, das einfach “einen Tick zu voll” ist. Hier hat der Autor die grafische Wirkung der gestaffelten Lampen sehr schön gesehen (Links im Bild) Ich habe übrigens auf Fuerteventura mal ein sehr ähnliches Bild geschossen. Leider sind 2 Lampen am unteren Bildrand und “ein paar undefinierbare Fussel” etwas zu viel des Guten und stören insgesamt die für dieses Bild nötige Ruhe (Mitte im Bild). Die grafische Wirkung wird dadurch einfach deutlich negativ beeinflusst. 

Der Autor des Bildes hätte bei der Aufnahme sicherlich nichts verbessern können, irgend etwas hätte sich da relativ sicher immer “gebissen”. Hier bleibt leider nur, im Nachhinein die störenden Elemente zu entfernen. Ich habe das mal rechts im Bild simuliert, dadurch wirkt das Bild sofort viel ausgeglichener.

Durch die Blume

Das eingereichte Bild unten links ist von Look und Location her komplett nach meinem Geschmack, das wissen sicherlich einige von Euch. Sehr häufig sieht man aber, dass die Hauptakteure von Fotos einfach zu eingeengt im Format sitzen … die Fotos sind einfach nachträglich zu knapp geschnitten oder schon bei der Aufnahme mit zu wenig Freiraum fotografiert worden.

Ich habe rechts im Bild mal simuliert, wie der Blumen-Automat viel besser wirkt, wenn er rund herum “etwas Luft zum atmen” bekommt.

Moderne Architektur

Ganz ähnlich verhält es sich in der Architekturaufnahme unten links im Bild. Der Autor hat hier nach einigen Grundregeln der Düsseldorfer Schule fotografiert, dem kubistischen Bau aber zu wenig Platz gegönnt, er wirkt irgendwie ein bisschen “eingeklemmt”. Ich habe unten rechts im Bild mal etwas Himmel angeflickt, um zu zeigen, dass das Bild mit mehr Fond nach oben viel offener wirkt. Um den ultra-cleanen Charakter des Fotos noch zu steigern, habe ich das Stück Gebäude, das sich im Ausgangsfoto rechts hinter dem Hauptgebäude befindet, zusätzlich nach links rüber kopiert.

Bisschen düster

Der Autor des Klammer-Bildes unten hat diese Situation schön gesehen und sauber im Sucher eingerichtet (oder hinterher gekonnt geschnitten). Dafür, dass das Bild aber mindestens zur Hälfte von den Farbkontrasten lebt, ist es einfach zu dunkel.

Misst man sich mal einen mittleren Ton innerhalb des gelben Handtuchs heraus, landet man bei dieser Farbe und das ist für ein buntes gelbes Stück Stoff einfach zu düster.
Am schnellsten korrigiert man zu dunkle Bilder, in dem man die Ausgangsebene dupliziert und den Modus des Duplikates auf “Negativ multiplizieren” stellt, wie hier im Screenshot gezeigt.

Das Ergebnis sieht man hier. Das Bild wurde insgesamt aufgehellt, weil die Tonwerte der oben liegende Ebene von der unten liegenden Ebene abgezogen wurden (rein mathematisch ist es allerdings eine Multiplikation).

Wenn einem das immer noch zu dunkel ist, dupliziert man einfach die oben liegende Ebene nochmal und kommt zu diesem Ergebnis. Das Ganze spielt man dann so lange, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. Ich persönlich finde das zweite Bild am besten.

Ab durch die Mitte

Hat er gut gemacht, der Autor dieses extrem harten Wettbewerbsbeitrages. Das kracht richtig und lässt jeden Juror erstmal neugierig werden. Beim zweiten Blick ist der Bildinhalt dann aber etwas zu symmetrisch. Da man dem Pieper ja nicht erzählen kann, wo er sich hinsetzen soll, muss man schon zu einem Bildbearbeitungsprogramm greifen, um die Symmetrie des Bildes insgesamt etwas zu brechen. Das ist hier ganz einfach, weil man ja nur zwei Tonwerte (schwarz und weiß) im Bild hat und nach Belieben ausschneiden, verschieben und übermalen kann.

Ich habe in diesem Fall den Vogel in etwa auf die rechte Drittel-Linie gesetzt. Da wir rechts und links jeweils 3 lange Pfähle haben, habe ich links zwei weggenommen (einfach mit weiss übermalt) und die Szenerie in ein anderes Seitenverhältnis gesetzt, um das Bild etwas luftiger und “wettbewerbiger” zu machen.

Hinweis: Die ganz dünnen Rahmen brauche ich hier nur, um die weißen Bild-Hintergründe vom weißen Hintergrund der d-pixx Website zu trennen. Bei der Einreichung von Wettbewerbsbildern sollte man generell auf Rahmen verzichten.

Kritik auf ganz hohem Niveau…

…ist das, was jetzt folgt. Ein von Aufbau, Tiefenschärfe und reduzierter Farbe her tolles Bild, auch die Glaswand sitzt gut im Format. Nur sitzt auch hier der Vogel nicht 100%ig an der Stelle, wo er das Bild insgesamt harmonischer aussehen lassen würde. Man kann dem Fotografen hier überhaupt keinen Vorwurf machen, er hat das Beste aus der Situation gemacht.

Man kann also auch hier nur zu Photoshop greifen und den Pieper einen Hauch nach oben schieben, so dass er durch seine neue Position im Bild die Geometrie des Fotos leicht harmonischer macht. Auch hier ist das nicht weiter schwierig, weil der Himmel kaum Tonwert-Modulation hat. Ich muss die Fotos schon nebeneinander zeigen, sonst würde der Unterschied kaum auffallen. Dies ist wirklich Nörgeln auf höchstem Niveau … der geringe Unterschied kann aber bei Juroren, denen die Bildgeometrie wichtig ist, die entscheidenden Punkte einbringen. Und auch, wenn man das Ganze nicht unter Wettbewerb-Aspekten sieht, ist das rechte Bild einfach einen Hauch ausgewogener und auch ein nicht fotografisch geschulter Betrachter würde es vermutlich besser finden, er weiß halt nur nicht, warum 🙂

Kann man machen,…

…muss man aber nicht. Auch hier noch ein kurzes Beispiel, wie man ein Bild noch ganz leicht verbessern kann. Ich muss aber so ehrlich sein, dass man hier schon in den Bereich “Geschmacksmeisterei” kommt. Der Autor hat hier sehr schön das grafische Motiv gesehen, das eigentlich nur aus 3 Flächen besteht und trotzdem seine Wirkung hat. Hier könnte man das Bild so schneiden, dass man die Horizont-Linie etwas mehr aus der Mitte heraus auf eine Drittel-Linie bekommt und auch das Ende des Tische an einer Drittel-Linie enden lässt. Wie oben schon geschrieben,…das kann man machen, muss man aber nicht. Auch, wenn der Unterschied wirklich gering ist,… die Bildgeometrie wird dadurch tatsächlich einen Hauch ausgeglichener.

 

© Bilder : Bei den Fotograf:innen 
Text : Ralf Wilken

Wichtiger Hinweis

Alle in dieser Serie gezeigten Bildmodifikationen und Anmerkungen spiegeln meinen ganz persönlichen Geschmack wider und können keinesfalls Allgemeingültigkeit haben. Ich behandle sie so, als wären es meine selbst fotografierten Bilder, die ich für eine eigene Wettbewerbsteilnahme bearbeite.

 

 

11 Kommentare

  1. Ich finde die Optimierungen wie immer sehr interessant und lehrreich. Eine Verstandnisfrage habe ich allerdings. Beim Bild mit dem Handtuch wird empfohlen, zu dunkle Fotos mitels Ebenen und "negativ multiplizieren" aufzuhellen. Dies wäre der einfachste Weg.

    Das bekommt man aber viel schnleer hin, indem man den entsprechenden Regler im RAW Konverter seiner Wahl bewegt. Waerum wird häufig der Umweg über Photoshop empfohlen? Welche Vorteile hat das?

    • Hallo Thomas,
      Du hast natürlich vollkommen Recht, man sollte generell alle Grundeinstellungen im RAW-Converter machen,… schon alleine weil man aufgrund der höheren Bit-Tiefe viel mehr Informationen zur Verfügung hat. Die Vorteile des RAW-Formates sind dadurch indiskutable groß.
      Wie Herbert oben schon beschrieben hat, habe ich aber zum einen hier nur die 1280px-Wettbewerbs-JPGs zur Verfügung und meine Tipps verstehe ich zum anderen auch als PS-Tipps für die, die nur JPGs fotografieren. (Auch, wenn man das natürlich möglichst nicht machen sollte, weil man sehr viel Verbesserungspotential verschenkt)
      Liebe Grüße, Ralf
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    Beim Bild mit dem Handtuch wird empfohlen, zu dunkle Fotos mitels Ebenen und "negativ multiplizieren" aufzuhellen. Dies wäre der einfachste Weg.

    Das bekommt man aber viel schnleer hin, indem man den entsprechenden Regler im RAW Konverter seiner Wahl bewegt. Waerum wird häufig der Umweg über Photoshop empfohlen?

    Das hätte ich jetzt auch beim Entwickeln im RAW-Konverter gemacht, allerdings scheint mein Monitor nicht richtig eingestellt zu sein. Das Handtuch-Bild war von mir. Bei mir schien die Helligkeit im Bild zu stimmen. Da muss ich wohl mal kalibrieren.

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    Ich bin begeistert von der Rubrik ab sofort hier an dieser Stelle.
    Das ist sehr hilfreich und anschaulich!
    Danke an Herbert für die Initialzündung und an Ralf für die toll nachvollziehbaren Besprechungen!

    Das sehe ich genauso – immer wieder gut gewählte Beispielfotos und nachvollziehbare Änderungen/Verbesserungsvorschläge.
    Danke an Ralf und bitte weiter so!
    LG Gaby