Kleine Kinder und Kameras

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Kinder wachsen mehr denn je zuvor mit Bildern auf. Nein, es sind nicht Bilderbücher gemeint, sondern Fotos. Und irgendwann möchten sie selbst welche machen. Wir geben ein paar Tipps, wie das funktionieren kann.

„Ich möchte auch mal,“ sagt das Kind und deutet auf die Kamera. Das heißt zuerst einmal: Blick auf den Monitor oder, wenn das mit dem Auge zukneifen schon klappt, ein Blick in den Sucher. Aber daraus wird dann gern ein bisschen mehr. Die oder der Kleine möchte selbst Bilder machen. Natürlich soll und will man das fördern, es ist ja schön zu sehen, wie das eigene Hobby in die nächste Generation übergeht.

Werkzeug Womit soll der Nachwuchs fotografieren? Die ersten Versuche werden vielleicht mit der Kamera der Eltern gemacht. Aber eine Kamera, die ein paar Hundert, vielleicht auch deutlich mehr als tausend Euro gekostet hat, in Kinderhänden – das kann nervös machen, vor allem, wenn plötzlich etwas auftaucht, was viel wichtiger ist, als Bilder zu machen, und das Kind sich begeistert dieser neuen Attraktion zuwendet.

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Nicht mehr aktuell, aber immer noch eine Kamera, die auch von kleinen Händen gut bedient werden kann: Nikon S30.
Foto: Nikon

Manchmal wird geraten, eine alte analoge Kamera zu suchen, damit die Fotografie von Grund auf gelernt wird. Mumpitz! Kennen Sie ein Kind, das einen ganzen Tag oder länger warten möchte, bis die Bilder zu sehen sind? Vor allem, wenn die Großen ihre Bilder gleich auf dem Monitor anschauen können?

Eine abgelegte Digitalkamera, die noch nicht den Weg zu eBay gefunden hat oder von dort geholt wird, ist der bessere Weg. Wichtig ist, dass die Kamera nicht zu groß und schwer ist. Schön ist es für den Anfang, wenn es für die wichtigen Funktionen eigene Knöpfe gibt, dazu vielleicht ein Rad für die Wahl der Betriebsart.

Dass sie für den Fall eines Totalschadens nicht zu teuer sein sollte, versteht sich von selbst, aber wenn Luxus-Eltern ihren Nachwuchs mit einer neuen Leica fotografieren lassen wollen, ist auch das OK.

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Besonders für etwas größere Kinder ist eine Outdoorkamera, die die Eltern nicht mehr brauchen, oder die man günstig vom Flohmarkt oder von der Internet-Auktion holt, sehr praktisch, wie die schon etwas ältere Lumix DMC-FT1.
Foto: Panasonic

Eine gute Wahl kann eine Outdoorkamera sein, die einen Sturz verkraftet und die auch mal im Wasser oder Matsch oder einer anderen kindgerechten Umgebung (aus der Sicht des Kindes) klaglos ihren Dienst versieht! Wie gesagt: Ein Blick in Online-Auktionshäuser oder auch Nachfragen im näheren Umfeld fördern oft günstige Modelle zutage.

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Grundwissen Kinder sind neu- und wissbegierig, aber das heißt nicht, dass man sie mit fotografischem Grundwissen zuschütten sollte. Was nicht heißt, dass sie nicht einige Grundbegriffe kennenlernen sollen.

Für den Anfang sind moderne Kameras mit ihren Vollautomatiken eine wirklich tolle Sache, denn der Fotografennachwuchs kann sich auf das konzentrieren, was wichtig ist, das Motiv. Wie wir Erwachsenen auch, sehen Kinder selektiv. Das hießt: Man sieht, worauf es ankommt und blendet das Umfeld aus – aber auf dem Bild ist es halt doch zu sehen.

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Nicht den ganzen Flohmarkt fotografieren, sondern auf die wichtigen Tiere konzentrieren – ein Zoom hilft, das zu lernen.
Bild: (c) Lorpic99 | Dreamstime.com

Es ist also wichtig, immer wieder zu erzählen, dass das groß ins Bild kommen soll, worauf es ankommt. Zoomen ist hier eine praktische Sache. Das mit dem „Erlaufen“ eines Motivs und einer tollen Perspektive kommt später. Auch die normalerweise verpönte automatische Wahl der AF-Messfelder kann für den kleinen Anfänger sehr hilfreich sein. Aber noch besser ist es, wenn die Kamera das erlaubt, eine Gruppe von Messfeldern / ein großes Messfeld in der Mitte zu aktivieren. Damit wird zum einen erreicht, dass die oder der Kleine auswählt, was fotografiert werden soll, zum anderen muss nicht zu genau gezielt werden.

Mehrfeldmessung und Programmautomatik sorgen für die richtige Belichtung, es kann aber nicht schaden, Blende und Verschlusszeit zu erklären. An einem Beispiel geht das gut, etwa mit dem Eimer und dem dicken und dem dünnen Gartenschlauch. Nimmt man einen Schlauch mit großem Durchmesser, ist der Eimer schnell voll, mit einem Schlauch mit geringerem Durchmesser muss man das Wasser länger laufen lassen. Und wenn es um die Schärfenzone geht, muss man am Anfang nur vermitteln, dass Weitwinkel (man bekommt viel aufs Bild) eine große Schärfenzone haben und dass man mit Teles (man bekommt wenig aufs Bild) den Hintergrund unscharf machen kann. Wenn später auch mal die Blendenvorwahl genutzt wird, kommt noch dazu: kleine Blendenzahl – kleine Schärfenzone, große Blendenzahl – große Schärfenzone. Das merken sich die Kleinen vielleicht leichter als mancher Erwachsene.

Motive Was die Kleinen fotografieren? Das, was sie interessant, schön und wichtig finden. Das ändert sich mit dem Alter, ist für Eltern und Großeltern nicht immer nachvollziehbar, aber da muss man eben durch. Was nicht heißt, dass man die Kinder bei der Motivwahl einfach nur sich selbst überlässt. Wer als Elter (das Wort gibt es wirklich) beim Fotografieren immer wieder mal erklärt, warum man gerade dies oder jenes als Motiv ausgesucht hat, schult das Sehen der Kleinen.

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Wenn die Tiere geduldig sind, kann ausprobiert werden, ob man von oben fotografiert oder sich auf den Boden legt.
Bild: (c) Gan Hui | Dreamstime.com

Gern genommene Motive sind Haustiere. Dabei kann man schon einmal ins Spiel bringen, wie der Standort – Tier von oben? Oder doch mal auf den Bauch legen? – das Bild verändert.

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Am Affenfelsen kommt beim Zoobesuch kein Kind vorbei – und es gibt Motive in Hülle und Fülle.
Bild: (c) Patrick Poendl | Dreamstime.com

Und natürlich ist ein Zoobesuch auch für den fotografierenden Nachwuchs. Wenn das Tele der Kamera nicht reicht, kann man später zu Hause den Ausschnitt neu bestimmen – für einen Ausdruck im Postkartenformat oder drum herum reichen die übrig gebliebenen Pixel in der Regel ganz bequem.

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Gegen Langeweile an Schlechtwettertagen: Tabletopfotografie mit dem Nachwuchs. Auch mit Kompaktkameras kommt man in der Regal nah genug.
Bild: (c) Afby71 | Dreamstime.com

An verregneten Tagen kann man Tabletops aufnehmen. Puppen sind tolle Modelle, denn sie sind sehr geduldig und mit Spielzeugfiguren lassen sich ganze Szenen aufbauen.

Jetzt kommt auch das Licht ins Spiel: Nacht- oder Schreibtischlampen, Styrorporplatten und Farbfolien lassen sich kreativ nutzen.

Da Kinder auch gerne sammeln: Ein Motiv auswählen, das dann bei Spaziergängen oder im Urlaub immer wieder gesucht wird. Im Urlaub ist auch ein kleiner Wettbewerb möglich: Wer hat am Abend die meisten … irgendwas auf der Speicherkarte?

Nacharbeit Was tun mit den Bildern? Auf jeden Fall: Gemeinsam anschauen und dabei viel loben. Viele Fernseher haben einen Speicherkartenslot, aber natürlich bietet sich auch der Monitor des Rechners oder der Bildschirm eine Tablets an, um zusammen Bilder zu sichten.

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Wenn der Horizont mal schief ist, kann man das bei der gemeinsamen Sichtung der Bilder am Rechner leicht korrigieren.
Bild: (c) Gvictoria | Dreamstime.com

Am Rechner kann man auch erste Schritte der Bildoptimierung zeigen. Vor allem sollte es dann um den besseren Ausschnitt (vielleicht auch um den geraden Horizont) gehen. Später kommt dann noch die Tonwertkorrektur dazu: Linker Regler im Histogramm ans linke Ende des „Berges“, rechter Regler ans rechte Ende und dabei das Bild im Auge behalten.

Und wenn man schon am Rechner sitzt: Warum nicht gemeinsam zur Erinnerung ein Fotobuch gestalten oder vielleicht ein Fotoheft, das nicht so dick und günstiger ist? Und auch eine Tasse, ein T-Shirt oder eine Tasche mit dem eigenen Bild verstärken die Freude am neuen Hobby.

PS Sie haben noch eine funktionierende Analogkamera, einen Vergrößerer, eine Duka-(Dunkelkammer-)Leuchte und Schalen für den Entwickler, die Wässerung und den Fixierer? Dann belichten Sie einfach mal wieder einen S/W-Film, lassen ihn entwickeln (wir wollen mit dem Do-it-yourself ja nicht übertreiben) und vergrößern Sie mit dem Nachwuchs ein paar Bilder. Den Anblick, wie auf einem weißen Blatt ein Bild entsteht, vergisst man nie!

Text: (c) Herbert Kaspar

 

 

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